Essen. Kommissar Fredo Schulz erhält eine niederschmetternde Krebsdiagnose. Doch lässt er sich davon nicht aufhalten, ganz im Gegenteil.
Was tun, wenn alles zu spät ist? Fredo Schulz, der „gute Bulle“ (Armin Rohde), bekommt von seinem Arzt eine schockierende Diagnose. Er hat Darmkrebs im fortgeschrittenen Stadium und ohne Chemotherapie höchstens noch drei Monate zu leben. Die Therapie lehnt er zunächst ab. Und mit dem Rat, die verbleibende Zeit für das zu nutzen, was er immer schon machen wollte, kann er nichts anfangen. „Noch bin ich Bulle“, knurrt Schulz vor sich hin – und geht zur Arbeit. „Heaven can wait“, der Himmel kann (oder muss halt) warten.
Krankheit und nahender Tod haben seine ohnehin ausgeprägte Besessenheit um einen Verzweiflungsfaktor verstärkt. Das Verbrechen an sich, das weiß er längst, stirbt nie. Endlich ist dagegen der Mensch, also auch der Verbrecher, und den kann man ausschalten. „Als Bulle hast du nie Pause“, voller Einsatz bis zuletzt.
Recht des Stärken im Berliner Gangster-Milieu
Autor und Regisseur Lars Becker führt Fredo Schulz im vierten Fall der kleinen Reihe in ein Berliner Gangster-Milieu, in dem das Recht des Stärkeren gilt, Gewalt Gegengewalt erzeugt und ein Mord eine zwangsläufige Begleiterscheinung ist, fast eine Lappalie. Mit seinem Kollegen Radu Lupescu (Sabin Tambrea) wird er zu einem Wohnblock in Neukölln gerufen. Ein Sicherheitsmann liegt erschossen im Hof. Der Tote hatte Fady Berri (Mo Issa) begleitet, der als neuer Eigentümer der Anlage mit den Mietparteien die Sanierung und damit verbundene Räumung besprechen und eine gütliche Einigung erzielen wollte.
Der Zuschauer hat aber auch gesehen, wie der Bodyguard im Hof Opfer eines geplatzten Drogendeals wurde. Fredo Schulz kennt Fadys Vater gut, hat ihn mehrfach wegen Drogenhandels festgenommen. Sein Instinkt sagt ihm, dass Clanchef Samir Berri (Husam Chadat) mit seinen vermeintlich sauberen Immobiliengeschäften, seinem Autohandel und seinen Pizzerien nur Geldwäsche betreibt. Und dass der Mord am Wachmann die Botschaft eines Konkurrenten an Berri ist.
„Der gute Bulle“ ist ein angenehm unaufgeregter Krimi
Die Kugeln fliegen weiter tief in Beckers angenehm unaufgeregtem Krimi, der wie ein klassischer Gangsterfilm daherkommt, angesiedelt in einem Milieu, in dem Moral nichts und die unmissverständliche Handlung alles ist. Und als Zuschauer ist man immer dabei; Fredo Schulz, der angesichts seiner knapp bemessenen Lebensspanne immer rigoroser vorgeht, und der Clanchef lassen sogar an ihren Gedanken teilhaben, die dann wie eine Lagebeschreibung, wie ein Kommentar wirken. Der skrupellose Marvin Sikora (Sascha Reimann), der zu Beginn den Wachmann ermordet hat, schießt Samir Berri in einem Restaurant nieder – vor den Augen seiner Tochter Mona (Sabrina Amali) und des aufstrebenden Kleinkriminellen Demba Diarra (Farba Dieng).
Der wiederum erschießt wenig später Sikora, während Mona sich gegenüber der Polizei in Schweigen hüllt – wie auch ihr Bruder Fady. Solche Geschichten regelt man selbst, zumal der Hintermann aus der erweiterten Familie zu kommen scheint. Doch Fredo ist hartnäckig. Offen bleibt nur, wie lange der Himmel noch warten muss, oder ob überhaupt.