Essen/Mainz. Sie ist der wohl bekannteste Pagenkopf des Landes. Seit 30 Jahren moderiert Gundula Gause im Heute Journal. Erinnerungen einer Nachrichtenfrau.

Da steht sie nun am 8. Februar 1993. Blond ist der Pagenkopf, freundlich das Lächeln, als Wolf von Lojewski sie in seiner für ihn typischen Art vorstellt. „Was gibt’s Neues? Zunächst einmal Gundula Gause.“ Und dann berichtet die damals 27-Jährige – unter anderem über deutsch-polnische Asylverhandlungen, schwere Kämpfe in der afghanischen Hauptstadt Kabul und einen erfolgreichen Schlag gegen die Camorra. Und niemand ahnt, dass in den kommenden 30 Jahren mehr als 4000 weitere Sendungen mit ihr als Nachrichtenmoderatorin folgen werden.

„Einerseits eine irre lange Zeit“, sagt sie. „Andererseits geht es mir wie allen: Die Zeit fliegt, und es ist dann doch ein Fingerschnipp.“ Jedenfalls kann sich Gause noch gut erinnern an ihr Debüt. Und auch an den Kollegen von Lojewski. „Es war eine große Ehre, mit diesem exzellenten Journalisten zusammengearbeitet zu haben“, sagt sie. „Wir hatten eine gute Zeit.“

Kontakt zu Claus Kleber ist nicht abgerissen

19 Jahre standen Claus Kleber und Gundula Gause zusammen vor der Kamera.
19 Jahre standen Claus Kleber und Gundula Gause zusammen vor der Kamera. © ZDF und Kerstin Bänsch | Kerstin Bänsch

Die hatte sie auch mit Claus Kleber. Unglaubliche 19 Jahre stehen die beiden zusammen vor der Kamera, bis sich Kleber Ende 2021 mit den Worten „So, mehr wird‘s nicht“ von den Zuschauern verabschiedet. „Das gesamte ‚Heute Journal‘ vermisst ihn“, sagt die gebürtige Berlinerin auch ein Jahr später. „Und ich in besonderem Maß.“ Aber sie haben sich nicht aus den Augen verloren. „Wir halten Kontakt. Unregelmäßig regelmäßig. Obwohl er viel reist, haben sich unsere Wege auch das ein oder andere Mal schon wieder gekreuzt.“

Sie ist ja selbst immer noch schwer beschäftigt. Denn die Frage vieler Zuschauer „Was macht Gundula Gause denn jetzt?“ hat sie sich nie gestellt. Gause macht weiter, wenn auch etwas anders als zuvor. Seit 2022 präsentiert sie die Nachrichten im „Heute Journal“ meist an der Seite von Anne Gellinek. Als Co-Moderatorin zeichnet sie verantwortlich für Auswahl und Inhalte der Nachrichtenblöcke. Seit vergangenem Jahr ist Gause zudem als Moderatorin des Spätmagazins „Heute Journal update“ sowie der „heute“-Nachrichten um 12 Uhr und 17 Uhr im Einsatz.

„Veränderungen gehören zum Leben“

„Nichts ist für die Ewigkeit, und Veränderungen gehören zum Leben“, weiß Gause aus Erfahrung. In Berlin geboren, studiert sie in Mainz und Paris Politikwissenschaft, mittlere und neuere Geschichte und Publizistik. Noch während des Studiums beginnt sie als Moderatorin eines privaten Radiosenders und bei Sat.1 zu arbeiten. 1989 steigt sie dann beim ZDF ein, moderiert zunächst das Magazin „Nachbarn“ und das „ZDF-Morgenmagazin“, ehe sie 1993 Redakteurin und Co-Moderatorin im „Heute Journal“ wird.

https://www.waz.de/wochenende/ekel-alfred-haustyrann-in-hosentraegern-id237351673.html Deshalb hat sie auch kein Problem mit ihrem neuen Aufgabenprofil. Im Gegenteil. „Diese Flexibilität, diese unterschiedlichen Aufgaben im Terminkalender sind toll. „Jeder Teil ist für sich reizvoll. Ich treffe eine Auswahl bei den Nachrichten, entscheide mit meinem Team über die Aussage und die Reihenfolge.“ Sie ist ja auch „ein altes ZDF-Gewächs“. „Überall treffe ich Kollegen, mit denen ich vor Jahren schon zusammengearbeitet habe. Man ist wie ein Fisch im Wasser.“

Nachrichtenbranche hat sich verändert

Aber natürlich hat sich die Nachrichtenbranche in den vergangenen 30 Jahren verändert. Was früher nicht einmal eine Meldung wert gewesen wäre, wird mittlerweile in vielen Medien zu großen Geschichten aufgebauscht. „Nicht beim „Heute Journal“, stellt Gause klar. „Egal was um uns herum auch passiert, wie aufgeregt die digitale Welt auch sein mag, wir treffen eine Auswahl, die sich eindeutig an den Kriterien der Relevanz orientiert.“ Für Neuigkeiten vom Boulevard habe das ZDF Magazine wie „Hallo Deutschland“ oder „Leute heute“. „Unser Auftrag lautet: Nachrichten. Und dafür stehe ich.“

Dabei achtet sie gemeinsam mit ihrer Redaktion auf Ausgewogenheit in der Berichterstattung, die in vielen (Online)-Medien mittlerweile nicht mehr selbstverständlich ist. „Wenn die einen zu Wort kommen, müssen die anderen das auch. Wenn sich eine Seite auf Anfrage nicht artikuliert, dann ist das so“, fasst Gause zusammen. An einem „typischen Tag“ checkt sie nach dem Aufstehen das Internet, fliegt durch die Morgenzeitungen, klebt am Radio – egal ob beim Kochen oder auf der Fahrt zum Sender. „Ich sauge alles auf“, was zu hören oder zu sehen ist. Die erste Konferenz ist meist um 14.30 Uhr. Mit Schreiben, Reden, Lesen, Telefonieren geht es anschließend weiter. Aber auch damit, sich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen, „auch mal über die Themen und ihre Aufbereitung zu streiten“. „Und ratzfatz ist es Abend.“

Gute Nachrichten gibt es nicht viele

Gundula Gause im Jahr 2008
Gundula Gause im Jahr 2008 © ZDF und Kerstin Bänsch | Kerstin Bänsch

Der Terror des 11. September, der Tsunami 2004, Fukushima 2011 oder die Ahrtal-Flut vor zwei Jahren – viele Nachrichten, die sie in den vergangenen 30 Jahren verlesen hat, waren schlechte Nachrichten. Aus der Fassung gebracht, sagt Gause, habe sie vor der Kamera allerdings nichts davon. „Solche Großereignisse haben eine Wucht, die sich langsam entwickelt.“ Schon Stunden vor der Sendung würde die Maschinerie des „Heute Journals“ anspringen. Geht es vor die Kamera, „ist man quasi schon länger im Film. Kurzfristig ist mir in all den Jahren nicht wirklich etwas quer gekommen“.

Und welche guten Nachrichten sind ihr in Erinnerung geblieben? Gause hat sich diese Frage vor dem Gespräch auch gestellt und gemerkt: „Leider muss man da lange nachdenken. Dass wir endlich einen Corona-Impfstoff haben, und dass sich daraus neue Therapiemöglichkeiten im Kampf gegen Krebs abzeichnen“, hat sie gerne verkündet. Genau wie jede neue Definition von Grenzwerten beim Umweltschutz. Auch über die kleinen Schritte. Klimawechsel, Müllrecycling, „die sind so umfassend und gewaltig, dass man nicht glauben kann, sie mit einer Konferenz zu lösen. Davon ab: „Wenn etwas funktioniert, redet keiner mehr davon.“

Vom Klassenclown zur „ernsthaften Person“

https://www.waz.de/wochenende/lachen-und-lernen-die-sesamstrasse-wird-50-jahre-alt-id237309107.htmlBei aller Hektik, allem Zeitdruck – Gause bleibt stets ruhig. Manchmal etwas distanziert wirkend, aber stets freundlich steht sie am Pult. Sie selbst nennt sich „präzise“. Denn: „Es gehört zu meiner DNA, dass ich mich bemühe, von vornherein klar und unmissverständlich zu formulieren.“ Mit Erfolg. Sie beherrsche die Kunst, loben Branchenkollegen, wichtige Informationen in maximal zwei bis drei Sätzen prägnant zu formulieren.

Sie habe, heißt es manchmal, „ein Mona Lisa-Lächeln“. Aber kann sie auch lachen? Natürlich habe sie mit der Familie privat auch Spaß, antwortet die Mutter von zwei Kindern. Früher, bestätigt sie einschlägige Gerüchte, sei sie sogar der „Klassenclown“ gewesen. Mittlerweile aber „grundsätzlich eher eine ernsthafte Person“.

Vor allem aber ist sie jemand, der sich bereits viele Jahre ehrenamtlich einsetzt. Zum Beispiel als Botschafterin von „missio“, dem Hilfswerk der katholischen Kirche, oder der Stiftung Lesen. Wenn sie sich in dieser ehrenamtlichen Arbeit weiter engagieren könne, sagt Gause, „bin ich froh und dankbar“. Zudem wünscht sie sich Gesundheit und „Zeit für die Familie und meinen alten Vater zu haben“.

Sonst noch was? Na klar. „Noch viele Nachrichten. Am liebsten gute.“

Dies ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung.

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