Essen. Sechs Filmschaffende setzen Ferdinand von Schirachs Erzählband „Strafe“ als Serie für den Streamingdienst RTL+ um.
In seinen Kurzgeschichten schleicht sich das Grauen oft durch die Hintertür in den Alltag von vorgeblich ganz gewöhnlichen Menschen: Mit kühlem Blick und knapper Prosa seziert der Schriftsteller und Rechtsanwalt Ferdinand von Schirach in seinen Werken die manchmal gnadenlosen Mechanismen von Gewalt, Verbrechen und auch Strafverfolgung. Nachdem seine beiden Erzählungsbände „Verbrechen“ (2009) und „Schuld“ (2010) bereits mit großem Aufwand und Stars wie Josef Bierbichler und Moritz Bleibtreu verfilmt worden sind, kommt jetzt „Strafe“ (2018) als Sechsteiler ins Programm.
Sechs Episoden von sechs verschiedenen Filmemachern
Die Miniserie „Strafe – Ferdinand von Schirach“ ist ab dem heutigen Dienstag beim Streamingdienst RTL+ zu sehen. Das Besondere an dem aufwendigen Projekt, in dem TV-Star Olli Dittrich eine Hauptrolle spielt: Sechs verschiedene Regisseure und Filmemacherinnen haben die sechs Episoden inszeniert und dabei ihrem Beitrag ihren individuellen Stempel aufgedrückt.
So zäumt Regisseur David Wnendt in der Episode „Ein hellblauer Tag“ das Pferd von hinten auf: Der Krimi startet mit dem Ende, einem eiskalten Mord, den eine von Jule Böwe gespielte Frau an ihrem herzlosen Mann begeht. Wie es dazu kommen konnte, spult der Film in lauter aneinandergereihten Szenen in umgekehrter Reihenfolge ab, die schließlich ein schlüssiges Gesamtbild von Motiv und Tatausführung ergeben – eine ungewöhnliche und reizvolle Herangehensweise für einen TV-Krimi.
Herausragend ist auch die Episode „Das Seehaus“, in der Patrick Vollrath Schirachs gleichnamige Kurzgeschichte filmisch auf den Punkt bringt: Olli Dittrich, normalerweise als schräge Kunstfigur „Dittsche“ unterwegs, spielt den Eigenbrötler Ascher, der in eine abgelegene Villa an einem oberbayerischen See einzieht, die einst seinem Großvater gehört hat. Einige Zeit geht alles gut, doch dann will die Gemeinde zum großen Ärger Aschers Ferienhäuser auf dem Grundstück unterhalb der Villa bauen. Ascher läuft von Pontius zu Pilatus, um das Bauprojekt zu verhindern – alles vergeblich. Also greift er eines Tages zum Gewehr.
Olli Dittrich als kauziger Eigenbrötler
Als die Polizei mit ihren Ermittlungen nicht weiterkommt, installiert sie Abhörmikrofone, um den zu Selbstgesprächen neigenden Ascher zu überführen. Tatsächlich gesteht der Eigenbrötler den Mord auf einer der Aufnahmen, doch vor Gericht erlebt die Staatsanwaltschaft mit diesem Beweismittel ihr blaues Wunder. „Es geht um eine furchtbare Tat, bei der Täter und Details eigentlich klipp und klar sind und bei der die Rechtsprechung trotzdem an ihre Grenzen kommt“, erzählt Olli Dittrich.
Auch die anderen Episoden, die von Helene Hegemann, Oliver Hirschbiegel, Mia Spengler und Hüseyin Tabak inszeniert wurden, sind sehenswert: Der Sechsteiler „Strafe“ überzeugt wie Ferdinand von Schirachs Literaturvorlage auf ganzer Linie.
Fünf von fünf Sternen