Berlin. Bei „Illner“ wurde ein Gasembargo als Sanktion im Ukraine-Krieg diskutiert. Welche Konsequenz hat das „schärfste Schwert gegen Putin“?
Was tun gegen den russischen Krieg in der Ukraine? Diese Frage beschäftigte am Donnerstagabend auch die Runde bei „Maybrit Illner“. „Werte, Waffen, Wirtschaftskraft – mit aller Macht gegen Putin?“, war die Sendung überschrieben.
Großen Raum nahm dabei ein mögliches Gasembargo ein, das derzeit abseits von unkalkulierbaren militärischen Schritten das schärfste Schwert des Westens gegen Russland wäre. Doch insbesondere Deutschland tut sich schwer damit, von sich aus auf die russischen Lieferungen zu verzichten.
Warum das so ist, machte der Auftritt von Stefan Wolf deutlich. In drastischen Worten schilderte der Gesamtmetall-Chef, was ein solcher Schritt für Deutschland wirtschaftlich bedeuten könnte: „Die Kohle kriegen wir hin. Aber die Abhängigkeit von Gas ist enorm“, erklärte Wolf. Wenn man dieses kurzfristig abstelle, drohe ein Kollaps der Industrie. „Wir müssten Millionen Menschen in Kurzarbeit schicken, viele Betriebe würden das nicht überleben.“ Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg – Warum weniger Fleisch den Hunger bekämpft
„Maybrit Illner“ – Das waren die Gäste:
- Friedrich Merz, Fraktionsvorsitzender (CDU/CSU)
- Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender (FDP)
- Kateryna Mishchenko, ukrainische Autorin
- Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall
- Carlo Masala, Militärexperte
Ukraine-Krieg: Warum gibt es keine Zwischenschritte?
Das klang alarmistisch, zumal es durchaus Ökonomen gibt, die das Risiko für tragbar halten. Unterstützung erhielt Wolf dennoch von den Politikern in der Runde. Insbesondere Friedrich Merz warnte davor, Instrumente zu verwenden, die den Krieg ohnehin nicht kurzfristig stoppen könnten. „Wir müssen nicht zum härtesten Mittel auch gegen uns selbst greifen“, forderte der Oppositionsführer. Neben einem massiven Wohlstandsverlust drohe auch Spaltung, wenn Deutschland die Folgen des Gasstopps selbst auslöse.
Einen guten Gegenpunkt machte Carlo Masala, indem er auf die Debatte in anderen EU-Mitgliedstaaten verwies. Dort werde ein Gasembargo nicht binär, also mit „ja“ oder „nein“, diskutiert, erklärte der Politikwissenschaftler von der Bundeswehr-Universität. Stattdessen könnten etwa Fördermengen soweit reduziert werden, dass zumindest die Industrie gesichert sei. „Diese Zwischenschritte fehlen mir in der deutschen Diskussion“, kritisierte Masala.
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Russlandpolitik: Nicht naiv, sondern pragmatisch
So richtig und wichtig die Debatte ist: Auf Kateryna Mishchenko könnte sie wie blanker Hohn gewirkt haben. Denn während ihr Land überfallen wird, wägt Deutschland die Folgen von entscheidenden Strafmaßnahmen ab. Anmerken ließ sich die Verlegerin und Autorin das aber nicht. Und doch machte sie einige sehr deutliche Punkte.
„Ja, es ist schlecht“, sagte Mishchenko etwa mit Blick auf die drohenden wirtschaftlichen Folgen eines Gasembargos. Allerdings müsse sie wohl niemandem erzählen, wie es der Ukraine gerade wirtschaftlich gehe. Wichtig war schließlich auch, dass Mishchenko mit der deutschen Erzählung aufräumte, dass man Putin gegenüber „naiv“ gewesen sei. „Das war keine Naivität, sondern Pragmatismus“, stellte sie klar. Man habe sehr genau gesehen, was Putin tut – aber lieber weggeschaut.
„Maybrit Illner“: Das Fazit
Diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ brachte kaum neue Argumente zum Gasembargo hervor. Dafür wurde das Dilemma recht gut herausgearbeitet. Am Ende lautet die Gretchenfrage: Wie viel Schmerzen sind wir bereit, selbst zu ertragen?
Es ist gut möglich, dass die Antwort auf diese Frage bis zuletzt herausgezögert wird. „Wir haben einen alten Reflex: Wir reagieren immer erst, wenn wir die Letzten sind“, fasste Carlo Masala den deutschen Ansatz zusammen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei waz.de
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