Essen. Stärkster Wiener „Tatort“ seit langem: Im neuen Fall leidet ein tiefgläubiger Mann an den Folgen seiner Bluttat.
Stefan Weingartner (beklemmend gut: Johannes Zeiler) ist ein tiefgläubiger Mann mit einem unverrückbaren Wertesystem, gnadenlos im Urteil über andere und sich selbst. Deshalb ist er auch zutiefst verzweifelt. Ihm ist keine Gerechtigkeit widerfahren. Das heißt im neuen Wien-Tatort „Alles was Recht ist“: Er will sühnen und versteht nicht, dass er für seine Tat nicht die verdiente Strafe erhalten hat. Die Last der Schuld ist unerträglich.
Als Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) am Tatort erscheinen, hat Kollegin Meret Schande (Christina Scherrer) die Arbeit schon weitgehend getan. Zwei Leichen und ein geständiger Täter, der selbst die Polizei alarmiert und auf die Ermittler gewartet hat. Weingartner war vor der Zeit nach Hause gekommen und hatte angehört, wie seine Frau einer Freundin haarklein von einem sensationellen Seitensprung erzählte. Der konsternierte Ehemann verlor die Nerven, seinen plötzlichen Kontrollverlust kann er sich weder erklären noch jemals verzeihen.
Stärkster Wiener „Tatort“ seit langem
Der neue Österreich-„Tatort“ in Bildern
Alles scheint glasklar in diesem außergewöhnlichen, von Robert Buchschwenter und Karin Lomot so raffiniert wie schlüssig entwickelten Fall, der innerhalb der ohnehin überdurchschnittlichen Reihe des Wien-Tatorts der wohl stärkste seit langem ist (Regie: Gerald Liegel). Monate vergehen, in denen sich Fellner, zum Unwillen ihres Kollegen, wieder einmal um ihren windigen Spezi „Inkasso Heinzi“ (Simon Schwarz) kümmert. Der plant vom Gefängnis aus eine Wiederaufnahme seines Verfahrens und sorgt sich, seine Erzfeindin, die Wiener Unterweltgröße Maria Garvic (Ines Miro), könne seine Pläne vereiteln. Schließlich steht Weingartner vor dem Schwurgericht, und das Unfassbare geschieht. Der wegen seiner Gerissenheit berüchtigte Anwalt Hafner (Julian Loidl), der den Fall kurzfristig übernommen hat, bewirkt einen Freispruch wegen Schuldunfähigkeit. Niemand ist fassungsloser als Weingartner.
Kurz drauf liegt Hafner selbst auf dem Obduktionstisch. Der Anwalt ist in seiner Kanzlei erschossen worden, der Freigesprochene ist nicht auffindbar. Welche möglichen Ermittlungsansätze Eisner und Fellner nun diskutieren, in der Polizeikantine oder, natürlich, am ikonischen Würstelstand – jede Überlegung führt in eine Sackgasse. Inkasso Heinzi und Weingartner waren sich im Gefängnis begegnet. Ausgerechnet der umstrittene Hafner sollte Heinzis Wiederaufnahmeverfahren betreiben. Maria Garvic war zur Tatzeit in dem Gebäude, in dem die Kanzlei liegt, aber nachweislich auf einer anderen Etage. Vor dem Mord hat Weingartner mit dem Anwalt telefoniert, danach mit einer Freundin, doch nichts passt zusammen. Während Eisner und Fellner sich vorantasten, wird Weingartner immer einsamer, immer verzweifelter.
Endlich wird Weingartner auch irdische Gerechtigkeit widerfahren
Wenn der Mensch schon nicht über ihn richten will, dann vielleicht der Herr. Es ist ein ersehntes „Gottesurteil“, das ihm schließlich Seelenfrieden bringt. Weingartner lächelt. Endlich wird ihm auch irdische Gerechtigkeit widerfahren. Vier von fünf Sternen