Köln. Ein Kölner Ausflugsschiff wird entführt, und Ballauf begibt sich in Lebensgefahr: Der „Tatort: Hubertys Rache“ verspricht viel. Und was hält er?
Die Bombe macht ticktack im Maschinenraum, und an Bord steht der Bombenleger, der nur das Handy antippen muss, damit es knallt. Das klingt ja nicht nach der schlechtesten Ausgangslage für einen Sonntagabend-Krimi, der nicht nach abgestandener Ermittlungsroutine miefen will. Wer hier Übles im Sinn hat, sagt schon der Titel des Kölner „Tatorts“ so knapp wie klar: „Hubertys Rache“ (ARD, 20.15 Uhr).
Der Typ, der nichts mehr zu verlieren hat
Huberty, so einen kennt man aus dem internationalen Krimi-Universum: der klassische Typ, der nichts mehr zu verlieren hat und noch ein letztes Ziel verfolgt. In diesem Fall: seinen Ruf irgendwie wieder herzustellen. Klingt ein bisschen abstrus, alldieweil der Mann ja ein Kölner Ausflugsschiff mit Gästen in Geiselhaft nimmt, um sich Gehör zu verschaffen, aber bitte. Huberty ist ein ehemaliger Gymnasiallehrer, der wegen vermeintlichen Missbrauchs einer 14-Jährigen verurteilt wurde, seinen Job und die Gunst seiner Familie verlor.
Entführer fuchtelt mit der Pistole herum
Stephan Kampwirth balanciert diesen zornigen Verlierer zwischen Gerechtigkeitsfanatismus und weinerlicher Eitelkeit aus. Sein Spiel wirkt indes merkwürdig unterkühlt, und so bedrohlich wie vermutlich erwünscht wirkt er nicht wirklich, selbst wenn er als sichtlich überforderter Entführer mit der Pistole zwischendurch mal hektisch herumfuchtelt. Auch die Geiseln sehen eher so erschrocken aus, als drohte das Ende des Kaffeevorrats an Bord und nicht so, als müssten sie hier von ihrem letzten Ausflug ausgehen – das hätte Regisseur Marcus Weiler nun wirklich strenger inszenieren müssen.
Ballauf tarnt sich als Immobilienhai
Huberty will mit Hilfe der Polizei die fünf Menschen an Bord zwingen, denen er vorwirft, dass sie sein Leben versaut hätten; die Staatsanwältin (Christina Große), die ihn einst anklagte, ist praktischerweise schon vor Ort mit ihrer Tochter. Und hier bringen die Autoren Eva und Volker A. Zahn die alten Ermittler-Buddies Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) ins Spiel.
Ballauf gibt sich als einer der Wunschkandidaten aus, als Vermieter, den Huberty zwar nie sah, der ihm aber einst die Wohnung kündigte. Dass von diesem stadtbekannten Immobilienhai kein Foto im Internet existieren soll, ist zwar ein Treppenwitz des Drehbuchs, aber das soll man dann schlucken, sonst wäre die beabsichtigte Geschichte hier ja schon zu Ende.
Scharfschützen auf den Rheinbrücken
Scharfschützen lauern auf den Brücken über dem Rhein, der arme Schenk bangt darum, dass sein alter Kumpel Ballauf mit der Tarnung auffliegt, und auf engem Raum unter Deck wird der Entführer zusehends nervöser: Man ahnt, was möglich wäre und staunt, wie unambitioniert und vorhersehbar das alles dahinplätschert. Weder Sten Mendes Bilder noch Olaf Didollfs Musik verströmen Bedrohliches. Gewiss, man will wissen, ob der Verzweifelte damals nun tatsächlich zu Unrecht verurteilt wurde, und die langwierige Beantwortung der Frage hält an niedriges Mindestmaß an Spannung aufrecht.
Alle können beruhigt ins Bett gehen
Moralisch kommt freilich alles ins Lot, und auch das gehört zu den Schwächen dieses Tatorts: Ambivalentes lässt er nicht zu – am Ende ist dann doch alles wieder sehr eindeutig, damit jeder beruhigt ins Bett gehen kann. Womit wir doch wieder bei der Routine wären. Das darf man hoffentlich verraten, ohne die Vorfreude zu ruinieren. Zwei von fünf Sternen.