Berlin. . Corona-Regeln lockern oder nicht? Das wurde bei „Anne Will“ diskutiert. Trotz guten Argumenten hatten es die Vorsichtigen dabei schwer.
Die Corona-Zahlen sinken, die Zahl der Geimpften steigt: Man könnte meinen, dass in der Pandemie das Schlimmste überstanden ist. Doch ist das wirklich so? Oder ist die einsetzende Leichtigkeit trügerisch und der Ruf nach schnellen Lockerungen gefährlich? Diesen Fragen ging am Sonntagabend auch die Runde bei „Anne Will“ nach.
„Anne Will“ - Diese Gästen waren dabei:
- Peter Tschentscher (SPD, Erster Bürgermeister von Hamburg)
- Wolfgang Kubicki (FDP, Bundestagsvizepräsident und stellvertretender Parteivorsitzender)
- Ingrid Hartges Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband)
- Dietmar Bartsch (Die Linke, Fraktionsvorsitzender im Bundestag, Spitzenkandidat für die Bundestagswahl)
- Carola Holzner (Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, auch bekannt als Medizinbloggerin "Doc Caro")
Coronavirus: Warnung vor den Mutanten
Was das Öffnen angeht, war sich die Runde alles andere als einig. „Es gibt Mutationen, die auf dem Vormarsch sind, die indische Variante sollten wir ernstnehmen“, warnte auf der einen Seite die Ärztin Carola Holzner. Zwar entspanne sich die Situation auf den Intensivstationen, doch seien nun zunehmend Jüngere betroffen. Und: „Die Intensivstation ist ja nicht das Endziel wo man sein will.“
Das klang plausibel, und doch werden derlei Argumente kaum die Öffnungslust stoppen, die wegen der fallenden Inzidenzen um sich greift. „Das Gesundheitssystem ist nicht mehr überlastet“, sagte der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki. Nun müsse man erst recht fragen, was der Staat den Bürgern noch zumuten könne. „Es ist jetzt wirklich an der Zeit“, stellte auch die Hotel- und Gastrovertreterin Ingrid Hartges mit Blick auf Öffnungen für ihre Branche fest.
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Corona-Regeln: Ein neuer Flickenteppich
Erschwert wurde die Position der Vorsichtigen durch einen neuen Flickenteppich. Zwar hat die Bundesnotbremse die Schwellen vereinheitlicht – manche Bereiche sind bei niedrigen Inzidenzen allerdings nicht geregelt, stattdessen entscheiden die Bundesländer. Die Folge: Schleswig-Holstein macht den Tourismus auf, in Mecklenburg-Vorpommern dauert es noch bis Juni.
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Das führte in der Runde zu einer hitzigen Debatte. Hamburgs Erster Bürgermeister verteidigte die Lage: Man müsse immer die gesamte Dynamik betrachten und nicht bloß den Inzidenzwert, sagte Tschentscher. Auch sei es nun mal so, dass in Mecklenburg-Vorpommern zwischenzeitig sehr hohe Zahlen registriert worden seien.
Kubicki erklärte die unterschiedlichen Regelungen dagegen kurzerhand für rechtswidrig. Am Ende hänge alles von der Gnade der Landespolitik ab.
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Kubicki bei Will schlagfertig, aber nicht ganz sauber
Wacker versuchte die vorsichtige Fraktion, sich gegen derlei scharfe Schüsse zu wehren. Tschentscher etwa erklärte, dass er die Gastronomie schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht einfach öffnen könne, weil dann auch Theater und Kinos dran seien. Und Intensivmedizinerin Holzner wies noch einmal auf die Unsicherheit der Antigen-Schnelltests hin, die in vielen Konzepten eine tragende Rolle spielen.
„ Auch Geimpfte könnten noch Überträger sein“, antwortete Kubicki darauf. „Sollen wir alle für immer zuhause bleiben?“ Das war wieder schlagfertig, aber auch etwas falsch gespielt, denn die Gefahr durch falsch Getestete dürfte wesentlich größer sein als die durch Geimpfte.
Den Fehltritt des Abends leistete sich schließlich Dietmar Bartsch. Seine Zustimmung zur Aufhebung der Impfpriorisierung erklärte der Fraktionschef der Linkspartei auch damit, dass deutschlandweit angeblich Impfstoff ungenutzt verfalle. Als Beleg führte er Berichte über 40.000 Dosen in Hamburg an, die aber wohl nur zusammenkommen, wenn man die bislang nicht zugelassene siebte Gabe des Biontech-Impfstoffs addiert.
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Corona bei „Anne Will“ - Das Fazit
Am Ende erinnerte die Debatte schwer an das vergangene Jahr. Auch da fielen im frühen Sommer die Zahlen, auch da begann eine heiße Öffnungsdebatte. Diese Ausgabe von „Anne Will“ zeigte: Dieses Mal haben die Befürworter dank steigender Impfzahlen einen noch größeren Hebel – solange die Inzidenzen weiter fallen.
Zur Ausgabe von „Anne Will“ in der ARD-Mediathek.
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