Annalena Baerbock kontert Anne Wills Fragen schlagfertig
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Lesezeit: 6 Minuten
Berlin. Ist Annalena Baerbock grüne Kanzlerkandidatin geworden, weil sie eine Frau ist? Bei Anne Will musste sie sich harten Fragen stellen.
Am Sonntagabend war Annalena Baerbock bei "Anne Will" zu Gast
Die frisch-gebackene grüne Kanzlerkandidatin ließ sich auch von den harten Fragen der Moderatorin nicht aus der Ruhe bringen
Die Sendung sorgte auch auf Twitter für Diskussionen - sogar Anne Will schaltete sich ein
Vergangene Woche ist Annalena Baerbock den ersten großen Schritt auf dem Weg ins Kanzleramt gegangen: Sie ist als erste Kanzlerkandidatin der Grünen nominiert worden. Doch nach der Euphorie dieser Entscheidung stehen jetzt die Niederungen des Bundestagswahlkampfes an. Und die sehen zum Beispiel so aus: ein Auftritt bei "Anne Will", bei dem die Gastgeberin durchaus harte Fragen stellt.
"Anne Will": Diese Gäste waren am Sonntag dabei:
Annalena Baerbock, Grünen-Politikerin
Gabriel Felbermayer, Wirtschaftswissenschaftler
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Richterin
Viola Priesemann, Physikerin
Wolfgang Merkel, Politikwissenschaftler
Diese sind möglich, weil Baerbock bei allem frischen Wind natürlich auch offene Flanken mitbringt. Ist sie zum Beispiel nur Kandidatin ihrer Partei geworden, weil sie eine Frau ist? "Natürlich hat die Frage von Emanzipation eine Rolle gespielt", räumte Baerbock ein. Sowohl sie als auch Robert Habeck hätten sich die Kanzlerkandidatur zugetraut.
Das Geschlecht als zentraler Faktor bei der K-Entscheidung: Das spricht einerseits für die Grünen, die damit ihren eigenen gesellschaftlichen Idealen treu bleiben. Andererseits schwächt es auch Baerbocks Position, zumal sie – wohl auch aus Rücksicht auf das Team mit Habeck – nicht klar sagen wollte, was sie besser macht als ihr Co-Parteichef.
Annalena Baerbock: Keine Regierungserfahrung – ein Problem?
Allerdings könnte sich dieser Faktor im Wahlkampf verflüchtigen. Was aber bleiben wird, ist ein anderes Problem: Annalena Baerbocks fehlende Regierungserfahrung. Damit ging sie auch bei Anne Will offensiv um. Ihre Verteidigungslinie: Erstens könne das auch eine Stärke sein, der besagten frischen Wind erst ermöglicht. Und zweitens habe sie ja eine Partei hinter sich, die regieren könne – und Robert Habeck neben sich, der ja auch Regierungserfahrung habe.
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Baerbock wird die Kritik dennoch noch viele Male hören. Der politische Gegner hat sie bereits aufgegriffen: Armin Laschet und auch Olaf Scholz haben beide auf ihre mangelnde Regierungserfahrung verwiesen. Auch interessant:Anne Will verpasst Chance - Merkel kritisiert Laschet
Allerdings wirkt Baerbocks Entgegnung robust. "Wenn Regierungserfahrung alles ist, könnte die Groko ja weiter machen", stellte sie bei Anne Will fest. Entscheidend wird sein, inwieweit die Wählerinnen und Wähler diesem Argument folgen. Die Chancen dafür stehen nach der bleiernden Zeit der großen Koalition, die ja für maximale Regierungserfahrung steht, nicht schlecht.
Adenauer bis Merkel: Die Kanzler der BRD
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So reagiert Baerbock auf die Kritik von Klimaaktivisten
Im Idealfall wird es Baerbock ohnehin gelingen, die Debatte aufs Inhaltliche zu lenken. Hier wirkte die grüne Kandidatin fit. Das 1,5-Grad-Ziel will sie vor allen in den Bereichen Verkehrspolitik, Lebensmittelherstellung, Industrie und Wohnen erreichen. "Für all diese Bereiche braucht es klare Regeln – man kann auch Verbote dazu sagen."
Klimaaktivisten und manchem Ur-Grünen geht das noch recht vage grüne Programm trotz solcher Ankündigungen nicht weit genug. Bemerkenswert, wie deutlich sich Baerbock gegen solche Kritik wendet: Es reiche nicht, nur Wünsche zu formulieren, argumentierte sie. Stattdessen müsse man Mehrheiten organisieren, um die Realität ändern zu können.
Baerbock bei "Anne Will": Zuschauer üben Kritik auf Twitter
Auf Twitter musste sich Anne Will die Kritik der Zuschauer gefallen lassen. Vielen missfiel die Härte und Penetranz bei den Fragen nach der Rolle des Geschlechts bei der Wahl zur Kanzlerkandidatin, aber auch nach der fehlenden Regierungserfahrung Baerbocks - gerade nach Wills Interview mit Angela Merkel, in dem viele Zuschauerinnen und Zuschauer Wills Fragestil als zu lasch empfunden hatten.
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In einer Sache stärkten Twitter-Nutzer der Moderatorin aber auch den Rücken: als der frühere FAZ-Herausgeber und Publizist Hugo Müller-Vogg gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stichelte, Baerbock sei eine zu große Plattform und zu viel Sendezeit gewährt worden. In dieser Woche hätten CDU und Grüne ihre Kandidaten nominiert, aber nur "eine Kandidatin bekommt bei @annewill heute einen 22-minütigen Soloauftritt. #ÖRR wie er leibt und lebt. Noch Fragen?", twitterte er.
Anne Will konterte ebenfalls via Twitter: "Ja! Ich hätte noch eine Frage: Welcher Kanzlerkandidat hat unsere Einladung nicht angenommen?" Ob Will damit auf Armin Laschet oder auf Olaf Scholz anspielte, ist unklar. Es ist ungewöhnlich, dass Gastgeber die Absagen ihrer angefragten Gäste kommentieren.
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"Anne Will": Das Fazit
Am Ende zeigte die Ausgabe von "Anne Will" am Sonntag, was für die Grünen unter der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zentral ist: Die Partei soll anschlussfähig sein, die Mitte der Gesellschaft ansprechen. Man müsse 20 Prozent und mehr erreichen, forderte Baerbock. "Was wäre die Alternative? ‚Ich als Grüne übernehme keine Verantwortung, soll die Groko weitermachen‘?!"
Die große Frage wird sein, ob Baerbock diesen pragmatischen Kurs bis zur Bundestagswahl ungestört wird fahren können. Kommt am Ende doch ein Veggieday-Vorschlag oder eine weitere Einfamilienhaus-Debatte, die ebendiese Mitte verschrecken könnte? Ohne solche Querschüsse stehen die Chancen für Annalena Baerbock ziemlich gut.
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