München. Bei „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ übernehmen immer mehr Ermittlerinnen die Führung. Bei den ersten Folgen war das noch ganz anders.

Deutschlands Krimilandschaft wird weiblicher: Im „Tatort“ und beim „Polizeiruf 110“ sind Frauen weiter auf dem Vormarsch. Waren Kommissarinnen früher die Ausnahme, sind mittlerweile rein weibliche Teams und Solo-Ermittlerinnen alles andere als eine Seltenheit.

Und es kommen immer mehr dazu: in der Schweiz (seit Oktober) und in Bremen, wo bislang gemischte Doppel im Einsatz waren, nehmen Frauenduos die Ermittlungen auf.

„Tatort“ und „Polizeiruf 110“: Entwicklung geht zur Gleichberechtigung

In Göttingen arbeitet die von Maria Furtwängler gespielte Charlotte Lindholm seit vergangenem Jahr mit Kollegin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) zusammen, in Ludwigshafen lösen die altgediente Ulrike Folkerts und ihre junge Kollegin Lisa Bitter als Lena Odenthal und Johanna Stern Fälle, und in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden tun das Karin Hanczewski (Karin Gorniak) und Cornelia Gröschel (Leonie Winkler).

Im „Polizeiruf 110“ schlagen sich mit Claudia Michelsen als Doreen Brasch in Magdeburg und Verena Altenberger als Elisabeth Eykhoff in München seit kurzem als Solo-Ermittlerinnen ganz ausgezeichnet.

Auch „Tatort“-Männerteams haben noch viele Fans

Schon etwas ältere weiße Männer sind im „Tatort“ zwar kein Auslaufmodell, wie etwa die Beliebtheit der reinen Herrenduos in Münster (Liefers und Prahl), Köln (Behrendt und Bär) oder München (Nemec und Wachtveitl) zeigt, die schon viele Dienstjahre auf dem Buckel und zahlreiche Fans vor dem Bildschirm haben.

Schauspielerin Claudia Michelsen (l.) in der Rolle der Hauptkommissarin Doreen Brasch und Matthias Matschke als Hauptkommissar Dirk Köhler.
Schauspielerin Claudia Michelsen (l.) in der Rolle der Hauptkommissarin Doreen Brasch und Matthias Matschke als Hauptkommissar Dirk Köhler. © picture alliance / dpa | Jens Wolf

Zudem ging im vergangenen Jahr mit den beiden Jungmimen Vladimir Burlakov und Daniel Sträßer in Saarbrücken ein neues Männerteam an den Start. Doch der Trend geht eindeutig zur Gleichberechtigung – von Kiel bis zum Schwarzwald, von Dortmund bis Berlin und von Frankfurt bis Wien sind vielerorts auch gemischte Teams im Einsatz.

„Tatort“-Anfänge: Frauen höchstens als Sekretärinnen

Der Sonntagskrimi ist ohne weibliche Kommissare nicht mehr vorstellbar, doch das war nicht immer so: Im 1970 gestarteten „Tatort“ war Emanzipation anfangs noch ein Fremdwort. Frauen tauchten allenfalls als Sekretärinnen auf, Publikumslieblinge wie Gustl Bayrhammer und Hansjörg Felmy hatten als Kommissare die Hosen an.

Während im „Polizeiruf 110“ der DDR schon seit 1971 Sigrid Göhler als Leutnant Vera Arndt ermittelte, mussten im „Tatort“ acht Jahre vergehen, bis Nicole Heesters in der 84. Folge als erste Frau einen Mörder jagte. Die Mainzer Kommissarin Buchmüller war ein forscher Typ, Telefonate beendete sie meistens, indem sie grußlos auflegte.

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Eine kämpferische Emanze war sie jedoch nicht: Die Fahnderin war stets feminin gestylt, setzte sich gerne eine flotte weiße Baskenmütze aufs rote Haar, trug Kleider und Röcke. Beim Friseurbesuch sinnierte sie unter der Trockenhaube über ihre Fälle, und ihre Wohnung war mit Porzellanpüppchen dekoriert.

1978 wird Nicole Heesters „Tatort“-Kommissarin

Das Debüt von Nicole Heesters 1978 war mit einen rekordverdächtigen Marktanteil von 66 Prozent ein durchschlagender Erfolg. Doch bei ihren weiteren Einsätzen sanken die Quoten – die Krimis sind bis heute als unterirdisch langweilig verschrien.

Dass Nicole Heesters die Brocken später hinwarf, lag jedoch nicht an schlechten Drehbüchern. Sie mochte es einfach nicht, dass die Zuschauer sie, die ausgebildete Theaterschauspielerin, in die Schublade als „Tatort“-Kommissarin steckten. „Schon nach der ersten Folge haben mich die Leute mit Frau Buchmüller angesprochen. Da dachte ich, das muss ja nicht sein“, erinnerte sich Heesters später.

Lisa Bitter (l.), als Tatort-Darstellerin Johanna Stern, und Ulrike Folkerts, als Tatort-Darstellerin Lena Odenthal.
Lisa Bitter (l.), als Tatort-Darstellerin Johanna Stern, und Ulrike Folkerts, als Tatort-Darstellerin Lena Odenthal. © picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt

1981 folgte im „Tatort“ die zweite Kommissarin, Karin Anselm ermittelte als Hanne Wiegand bis 1988 in Baden-Baden. 1989 schrieb dann Ulrike Folkerts, die in der Folge „Die Neue“ ihr Debüt gab, Fernsehgeschichte: Mit der burschikosen Ermittlerin mit Lederjacke und Kurzhaarfrisur hielt endgültig ein neues Frauenbild Einzug in der Krimireihe.

Nach Folkerts, die nach wie vor aktiv ist, gab es einen Boom an Ermittlerinnen, und heutzutage herrscht in „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ weitgehend Gleichberechtigung – alles klar, Frau Kommissar.