Berlin. Wie verhält sich Trump, wenn nicht er, sondern Joe Biden die US-Wahl gewinnt? Die Frage beschäftigte auch die Gäste bei „Markus Lanz“.

Bei der Wahl in den USA bleibt es spannend – und das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Donald Trump und Joe Biden lädt bei „Markus Lanz“ am Mittwochabend zu Gedankenspielen ein:

„Das Szenario jetzt“, erläuterte Elmar Theveßen, live zugeschaltet aus Washington, sei dieses: „Wenn Donald Trump mit seiner Klage verhindern kann, dass in Pennsylvania zu Ende ausgezählt wird“, dann ermögliche das dem dort mehrheitlich mit Republikanern besetzten Kongress, das Wahlleutekollegium nach seinem Gutdünken zu bestimmen.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste

  • Elmar Theveßen: Journalist, Leiter des ZDF-Studios Washington
  • Christian Wulff (CDU): Bundespräsident a. D.
  • Sandra Navidi: Juristin, Finanz- und USA-Expertin
  • George Weinberg: Unternehmer, Geschäftsführer der Republicans Overseas Germany
  • Julius van de Laar: Strategieberater, Mitglied des Wahlkampfteams der Demokraten
  • Johannes Hano: Journalist, ZDF-Korrespondent in New York

Der Kongress müsste sich nicht notwendiger Weise an das Wahlergebnis halten und könnte am 8. Dezember melden: Alle 20 Wahlleute für Pennsylvania stimmen für Donald Trump. „Dann haben wir hier eine ausgewachsene Verfassungs- und Staatskrise“, spekulierte Elmar Theveßen in der ZDF-Talkshow.

US-Wahl bei „Lanz“: Trump-Horrorszenarien bestimmen den Talk-Abend

Es sollte an diesem „Lanz“-Abend nicht das einzige Horror-Szenario für den noch laufenden US-Wahlkrimi bleiben, an dem nur eine Frage von Belang schien: Was passiert, wenn …? Wenn also Donald Trump nicht akzeptiert, dass er die Wahl verloren hat. Und stattdessen Joe Biden das nötige Quorum von 270 Wahlleuten, wie von allen Gästen aus der kompetenten Runde eigentlich erwartet, erreicht. Lesen Sie auch: Chaos, Klagen, Amtsübergabe: Was in den USA passieren könnte

Auch einen Tag nach „Election Day“ war die Präsidentschaft noch nicht vergeben. Zwar hatten die Prognosen eine „Blaue Welle“ vorausgesagt, stattdessen aber gab es in vielen Bundesstaaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wie es knapper nicht ausfallen konnte.

Lanz leuchtet mit Gästen den US-Wahlabend aus

Während der „Lanz“-Talk versuchte, den Wahltag mit all seinen Kuriositäten auszuleuchten, wurden in Arizona, Georgia, Nevada, North Carolina und eben in Pennsylvania immer noch Wahlzettel ausgezählt. Immer noch fehlten Joe Biden 17 Wahlleute zum entscheidenden Wahlsieg.

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Doch die Zählweise ging auseinander. Für Markus Lanz waren es zu dieser Stunde nur noch sechs fehlende Wahlleute für Biden. Er hatte die Zahlen von Fox-News übernommen: Während CNN zeitgleich noch mit einem Wahlleuteverhältnis von 253 zu 214 rechnete, ging der Trump’sche Haussender schon von 264 zu 214 für Biden aus. Fox hatte die Abstimmung in Arizona bereits den Demokraten zugeschlagen, sehr zum Ärger des amtierenden Präsidenten.

Trump: Beispielloser Auftritt des Präsidenten sorgt für Fassungslosigkeit

Nun also hatte Donald Trump mit seiner Klage wahr gemacht, was er bereits am Morgen mit einem so beispiellosen Auftritt, dass nicht nur Markus Lanz „die Zahnbürste aus dem Mund fallen konnte“, angekündigt hatte: Gegen 8:30 Uhr deutscher Zeit war er vor die versammelten Party-Gäste und TV-Kameras des Weißen Hauses getreten, um sich schon mal zum Wahlsieger auszurufen und zu fordern, die Auszählung der Briefwahl-Stimmen zu beenden. Lesen Sie dazu: Trump erklärt sich zum Sieger – und Biden zieht ihm davon

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    Da war noch nicht einmal die Hälfte aller Bundesstaaten ausgezählt. Auch in Wisconsin, das Joe Biden im Laufe des Tages knapp gewonnen hatte, wollte er nun eine Neuauszählung erreichen. Machte das den Demokraten nicht Angst, wollte Markus Lanz von Johannes Hano wissen. Lesen Sie auch: Wo Trump nun klagt – und was er sich davon verspricht

    Biden-Team sieht Trump-Klagen gelassen entgegen

    Der ZDF-Korrespondent winkte per Video-Schalte aus Delaware, Joe Bidens Heimat, ab: Das Biden-Team sehe dem gelassen entgegen, berichtete er: „Die Demokraten beschäftigen 4000 Anwälte.“ Außerdem habe jeder Kandidat das Recht, einen Re-Count zu beantragen, er müsse ihn nur selbst bezahlen. Drei Millionen Dollar koste dieses „normale Prozedere“.

    „Trump ist, wie er ist“, kommentierte dagegen George Weinberg, Geschäftsführer der Republicans Overseas Germany und bekennender „Trumpist“, die Klage-Wut seines Favoriten.

    Trotz eines „Wechselbads der Gefühle“, das auf den Wahlsieg in Florida folgte, sah er in dieser Wahl vor allem einen „Sieg für die Demokratie“: 140 Millionen Amerikaner hätten abgestimmt, so viele wie noch nie. „Das ist der Beweis, dass sie sich wirklich für Politik interessieren. Als positiver Menschen sehe ich das als Gewinn.“

    „Lanz“: Finanz-Expertin befürchtet „autokratische Machtübernahme“ Trumps

    So cool mochte Sandra Navidi nicht bleiben. Im Gegenteil, die aus Mönchengladbach stammende und in New York lebende Finanz-Expertin befürchtete gar, dass Donald Trump nun eine „autokratische Machtübernahme versuchen wird“.

    Sein Verhalten sei auch jetzt Trump-typische Politik-Taktik: „Ihm geht es gerade darum, so viel Staub wie möglich aufzuwirbeln, dass alle durcheinander sind“, erklärte sie. Nur so habe er die Möglichkeit, dass „Narrativ“ zu bestimmen, mit dem er seinen Anhängern die Marschrichtung vorgeben könne.

    Viel ging es an diesem Mittwoch bei „Lanz“ um genau dieses „Narrativ“ – um die Deutungshoheit über Zahlen und eine angebliche Zukunft, mit der die amerikanische Öffentlichkeit verunsichert werden sollte. Um Tweets, mit denen der 45. Präsident noch am Morgen in großen Lettern behauptete, die Demokraten wollten „die Wahl stehlen“.

    Wulff bei „Lanz“: „Wir reden schon wieder nur über Trumps Tweets“

    Vor allem Christian Wulff ging es sehr bald auf die Nerven, dass der „Lanz“-Talk vor allem dieses Gezwitscher weiterkolportierte: „Wir machen schon wieder das, was Donald Trump vier Jahre lang immer wieder gelungen ist“, kritisierte er: „Wir reden schon wieder nur über seine Tweets und den Unsinn, den er darin verzapft – ohne Demut vor dem Wähler oder Respekt für die Wahlkommission,“ führte er aus. „Das ist schon wieder ein Erfolg für ihn.“ Lesen Sie dazu: Donald Trump: Das sind seine größten Twitter-Aufreger

    Statt über die ständigen Grenzverletzungen des US-Präsidenten zu reden, wollte der deutsche Bundespräsident a.D. viel lieber über die eigentlich anstehenden Themen sprechen: die Spaltung Amerikas, die europäisch-amerikanische Zusammenarbeit und die weltweiten Herausforderungen. Nur war für „das große Ganze“ (Lanz) an dem Abend gar keine Zeit. Zuviel Pulverdampf lag in der Luft, wie der Moderator glaubte.

    US-Wahl: Biden stünde im Falle des Sieges vor riesigen Herausforderungen

    Allein Julius van de Laar behielt im Eifer des Debatten-Gefechtes den Durchblick, was an diesem Wahlabend spannend blieb: Wie würden sich die Republikaner weiter verhalten? „Die Republikanische Partei gibt es nicht mehr“, konstatierte er, „sie bleibt die Partei von Trump.“ Und dann?

    Strategieberater Julius van de Laar.
    Strategieberater Julius van de Laar. © imago images/teutopress | teutopress GmbH via www.imago-images.de

    Wenn Joe Biden am 20. Januar zum 46. Präsidenten der USA vereidigt würde, was der junge Strategieberater persönlich glaubte, würde er vor gigantischen Herausforderungen stehen: Hunderttausende Corona-Tote, massive Arbeitslosigkeit, die politische Spaltung des Landes.

    Darum müsse er das Land irgendwie einen, womöglich, indem er einen Republikaner zum Minister ernennt, so van de Laar. Und Biden müsste einen Nationalen Konvent installieren, der „kein 5-Punkte-Programm erstellt, aber ein neues Narrativ, das gemeinsame Werte formuliert: Wohin können wir gemeinsam gehen?“