Berlin. Kann eine Serie nach 35 Jahren würdig enden? Dass das geht, zeigt die „Lindenstraße“. Doch für Skandale sorgte die Serie nicht mehr.

Zwei Jahre lang hatten die Zuschauer Zeit, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Das „Lindenstraßen“-Ende. Am Sonntagabend war es dann doch viel zu schnell da. Die letzte „Lindenstraßen“-Folge, Episode 1758 mit dem Titel „Auf Wiedersehen“, lief in der ARD – und mehr als vier Millionen Zuschauer schalteten ein. Das ist etwa doppelt so viel Publikum wie gewöhnlich in diesem Jahr.

Auch der Marktanteil des Ersten war mit gut 13 Prozent fast zwei Mal so hoch. Zuletzt hat die „Lindenstraße“ im Januar 2011 eine so hohe Reichweite erzielt, wie der Branchendienst dwdl.de ermittelte. Ganz exakt gezählt waren zum Finale nun 4,09 Millionen am Bildschirm dabei.

Wie findet man ein würdiges Ende für eine Serie, die fast 35 Jahre lang im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die Ende der 80er Jahre von mehr als zehn Millionen Menschen gesehen wurde. Und die oft für Aufsehen sorgte, angefangen beim ersten „Schwulenkuss im TV“ zwischen Carsten Flöter (Georg Uecker) und Robert Engel (Martin Armknecht).

„Lindenstraße“: Mutter Beimer und Anna versöhnen sich

Anna Ziegler (Irene Fischer) wird von der Polizei abgeführt.
Anna Ziegler (Irene Fischer) wird von der Polizei abgeführt. © WDR/Steven Mahner | WDR/Steven Mahner

Solche Fragen müssen sich Erfinder Hans W. Geißendörfer und seine Tochter Hana, die inzwischen Produzentin der Serie ist, gestellt haben. Würdig war das Ende, für Aufsehen hat es nicht gesorgt.

Knapp zusammengefasst: Die vorbestrafte Anna Ziegler (Irene Fischer) wird von der Polizei verdächtigt, ihrem Partner Wolf einen tödlichen Stoß verpasst zu haben. Helga Beimer (Marie-Luise Marjan) und Angelina Dressler (Daniela Bette) sind Zeuginnen des Unglücks. Doch während Angelina Annas missliche Lage ausnutzt (typisch), um an den Vorvertrag für das Hotel zu kommen, hält Helga die Klappe (untypisch) und brät sich ein Spiegelei (typisch).

Am Ende gibt es natürlich ein Happy End. Helga springt über ihren Schatten und sagt bei der Polizei aus, dass Wolf gestolpert sei. So bewahrt sie Anna vor dem Gefängnis – und beendet eine fast 30 Jahre lang andauernde Feindschaft.

„Lindenstraße“ war politisches Unterhaltungsfernsehen

Ende gut, alles gut, möchte man sagen. Doch die finale Folge ließ viele „Lindenstraßen“-Gucker sentimental und traurig zurück. Wie Helga Beimer am Ende durch ihre Straße läuft, einen letzten Blick auf die bunten Häuserfassaden, das Café Bayer, das Akropolis wirft, das war rührend.

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Doch dann kam der berühmte Abspann und die eiskalte Realität: Drei Jahrzehnte Fernsehgeschichte sind vorbei. Auf Twitter bedankten sich Nutzer für „schöne Kindheitserinnerungen“ und eine „Konstante im Leben“. Ähnliche Sätze fielen, als das ZDF 2014 „Wetten, dass…?“ einstampfte.

Moritz A. Sachs wechselt zu „Unter uns“

Dass die Geschichten rund um das Haus Nr. 3 und seine Bewohner so lange funktionieren würden, hätte 1985 wohl keiner gedacht. Unter dem Deckmantel spießiger Bürgerlichkeit gab es jeden Sonntagabend hochpolitisches, oft geistreiches Unterhaltungsfernsehen. Hochpolitisch war die Serie zuletzt nicht mehr. Und auch das unterhaltende Element ging in manch einer Folge verloren. Doch dass die „Lindenstraße“ mit viel Liebe und Hingabe gemacht wurde, merkte man stets.

Nun werden sich die Darsteller neuen Aufgaben widmen. Moritz A. Sachs, der Klaus Beimer spielte, heuerte bei der RTL-Soap „Unter uns“ als Regieassistent an. Marie-Luise Marjan könnte sich Rollen in Rosamunde-Pilcher-Filmen vorstellen.

Egal wo die Stars demnächst zu sehen sind, ihre „Lindenstraßen“-Vergangenheit werden sie nur schwer abstreifen können. Unvergessen werden auch die Titelmelodie und der dreisprachig eingeblendete Titel zu Beginn jeder Folge bleiben. Wir werden die „Lindenstraße“ vermissen.

Also: Auf Wiedersehen. Au revoir. Arrivederci.