Berlin. Er war der erste Politiker im Dschungelcamp – und nach einem Tag schon wieder draußen. Wer ist der frühere Minister Günther Krause?
- Er handelte den Vertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR aus – Günther Krause hat viel geleistet
- Die vergangenen Taten halfen Krause nicht, der Ex-Bundesminister wurde erster Politiker im Dschungelcamp
- Er wurde zwischenzeitlich unter anderem wegen Betrug und Insolvenzverschleppung verurteilt
- Erfolgreich war der Ausflug nicht: Nach nicht einmal einem Tag im Dschungel war Schluss
- Damit schied niemand schneller aus dem Camp aus als der 66-Jährige
Auf diesen Dschungel-Kandidaten gab es nur zwei Reaktionen: „Kenn’ ich nicht!“, sagten vermutlich viele der jüngeren Fans von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, als bekannt wurde, dass der 66-jährige Günther Krause in den RTL-Dschungel geht. Und die älteren Zuschauer: „Glaub’ ich nicht!“
Günther Krause ist nämlich ein Politiker, der Historisches für Deutschland geleistet hat. Zuletzt Bundesminister. Kaum war der frühere Politiker im Camp angekommen, da war er auch schon wieder draußen. Aufgrund eines Schwächeausfalls zog er wieder aus dem Camp aus – in einer Rekordzeit. Doch unabhängig davon: Warum zog überhaupt so einer ins Dschungelcamp?
Wegen des Geldes? Nach seiner politischen Karriere musste er 2001 einen Offenbarungseid leisten, legte 2009 eine Insolvenz mit seiner Firma Aufbau Invest hin. War vor Gericht und wurde wegen Betrugs, Insolvenzverschleppung und mehrerer Bankrottdelikte zu einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt.
Vor knapp zwei Jahren drohte ihm in seinem Haus die Zwangsräumung, weil er den Kaufpreis nicht bezahlt hatte. Ein schlimmer gesellschaftlicher Absturz. Immerhin hat Krause – Opa von elf Enkelkindern und Vater von drei eigenen und drei Kindern aus zweiter Ehe – für seine Zeit als Abgeordneter und Bundesminister Pensionsansprüche.
Dschungelcamp: Warum ruht sich Günther Krause nicht auf seinen Lorbeeren aus?
Zum Hintergrund für die „Kenn-ich-nicht“-Fans: Zusammen mit dem heutigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble hat Krause 1990 als parlamentarischer Staatssekretär beim Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière, den Einheitsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR ausgehandelt. In nur sieben Wochen! Eine Mammutaufgabe. Und dabei war er damals erst 36 Jahre alt.
Günther Krause war von 1990 bis 1994 für die CDU Mitglied des Deutschen Bundestages, wurde mit 45,2 Prozent der Stimmen direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Wismar/Doberan. Und von 1991 bis 1993 war Krause sogar Bundesverkehrsminister. Warum ruht sich so einer nicht auf seinen Lorbeeren aus?
In diesen vier Jahren, von 1990 bis ‘94, kam an Krause keiner vorbei. Er gehörte zum Bundesvorstand der Partei, wurde von Bundeskanzler der Einheit, Helmut Kohl, höchstpersönlich gefördert. Krause startete durch. Weggefährten erinnern sich auf Nachfrage dieser Redaktion an den damaligen „Shooting-Star“.
Informatikprofessor, Firmengründer, Shootingstar der CDU
„Er hatte eine Traumkarriere hingelegt, die schon in der DDR begonnen hatte“, erzählt die CDU-Europaabgeordnete Marion Walsmann aus Thüringen. Günther Krause hatte in den 70er-Jahren in Weimar Rechentechnik und Datenverarbeitung studiert, machte seinen Abschluss als Diplom-Ingenieur. 1984 promovierte er, 1987 folgte die Habilitation.
Der Informatik-Professor trat der DDR-CDU bei, war von 1987 bis 1989 CDU-Kreisvorsitzender in Bad Doberan. Im März 1990 wurde er Vorsitzender des neugegründeten CDU-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Angela Merkel wurde 1993 dort seine Nachfolgerin. Damals war er mächtiger und einflussreicher als die heutige Kanzlerin, sowohl in der CDU als auch in der Regierung, wo sie das Kabinettsküken war.
Was Günther Krause und Angela Merkel verbindet
Günther Krause sagte vor seiner Abreise in den Dschungel noch, dass die Kanzlerin zumindest nicht ablehnend auf seine Teilnahme reagiert habe: „Die Reaktion war: Wenn du es machen willst, mach’s! Punkt.“, gab Günther Krause dem Sender RTL zu Protokoll. Merkel und er würden sich außerdem gut kennen, „weil wir viele Jahre gemeinsam gekämpft haben“.
Marion Walsmann und Krause lernten sich zur Wendezeit kennen. Er war der Verhandler des Einheitsvertrages und sie Leiterin des Justizaufbaus in der DDR. „Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Vertrag in sieben Wochen zustande kam. Das ist seine historische Leistung.“ Walsmann beschreibt Krause als „stringente und durchsetzungsstarke“ Person. Krause habe die Nöte der DDR-Bürger zur Wendezeit verstanden: „Krause hat darauf gepocht, dass die Industrie- und Bodenreform von 1945-49 nicht rückgängig gemacht wurde. Das ist seine Leistung“. Im Vertrag wurden schließlich lediglich Ausgleichszahlungen vereinbart.
- Dschungelcamp 2020: Alle Informationen zu Kandidaten, Sendezeit und Finale
Für Günther Krause war schon am ersten Tag Schluss
Erfolgreich war die Reise nach Australien nicht für den früheren Minister, der als erster von allen Teilnehmern durch das noch verlassene Camp irrte. Nach nicht einmal einem Tag war das Abenteuer für Günther Krause schon wieder beendet. Aufgrund eines Schwächeanfalls musste er das Camp verlassen und sich im Krankenhaus behandeln lassen.
Zwar meldete er sich von dort und sagte: „Ich würde gerne wieder ins Camp gehen“ – doch das verbieten die Regeln. Wer einmal raus ist, bleibt draußen. Das war auch 2014 so, als Michael Wendler vergeblich um eine Rückkehr ins Camp bat. Nun weckt Krauses früher Abgang weckt Spekulationen – und die hängen mit dem Schlagersänger zusammen.
Dafür wandte sich Krause noch einmal an die Bundeskanzlerin: „Liebe Angela, liebe Angie, falls du zusiehst, ich werde wieder richtig gesund. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du wirst mich nicht los“, sagte der 66-Jährige nach der zweiten Folge der Staffel.
Was wollte ein ehemaliger Politiker im Dschungel?
Im Dschungel wollte Krause aufklären, er wollte etwas gegen die „Klima-Hysterie“ tun, sagte der frühere Politiker. „Ich versuche mit jungen Leuten in die Diskussion zu kommen, ob es nicht Innovationen und neue Technologien gibt, mit denen wir unsere Welt wieder in Ordnung bringen können. Deshalb gehe ich ins Dschungelcamp“, sagte Günther Krause. Der Ingenieur und Informatiker wurde zu seiner politischen Hochzeit sogar von seinen Kritikern für seine „Intelligenz“ gelobt.
Als Bundesverkehrsminister hat sich Krause zudem für den Ausbau der Autobahnen in Ostdeutschland eingesetzt und ist verantwortlich für die verkürzten Planungsverfahren, so konnte zum Beispiel die Ostsee-Autobahn A 20 in kurzer Zeit fertiggestellt werden. „Was Günther Krause ausgezeichnet hat, ist seine schnelle Auffassungsgabe. Er hat immer schon die Knackpunkte bei einer Frage gesehen und hat emotional verstanden, was die Menschen wollen.“ Er sei „genial in den großen Dingen“ gewesen, „allerdings bei den kleinen Dingen nachlässig – und hat dabei selbst Grund für Zweifel an seiner Integrität gelegt“, sagte Marion Walsmann unserer Redaktion.
Krause war ein Glücksfall für die Ostdeutschen – dann kamen die „Affären“
Ähnliche Worte wie Walsmann findet auch die frühere CDU-Ministerpräsidentin aus Thüringen, Christine Lieberknecht: „Wir waren oft in Gremien zusammen, auch im Bundesvorstand der CDU. Aber es gab einen entscheidenden Unterschied zwischen Günther Krause und mir. Ich hatte einen Riesenrespekt vor allen CDU-Größen der Zeit damals wie Heiner Geißler, Kurt Biedenkopf oder Norbert Blüm. Krause hatte das nicht nötig, der hatte ein großes Selbstbewusstsein.“ Für den Osten sei Günther Krause ein „Glücksfall“ gewesen, zusammen mit Schäuble habe er als „pragmatisches Team“ am Einheitsvertrag gearbeitet.
Weggefährtin erzählt: Krause habe der Bezug zum Alltag gefehlt
Allerdings habe Krause der Bezug zum Alltag gefehlt. Immer wieder war er verwickelt in „Affären“, wie die „Raststätten-Affäre“ 1991, damals ging es um den Verkauf aller ostdeutschen Autobahnraststätten an ein niederländisches Unternehmen. Im gleichen Jahr wurde ihm vorgeworfen eine Firma beim Bau der A20 bevorzugt zu haben. Dann ließ er sich den Umzug in Höhe von 6000 D-Mark vom Staat finanzieren. Was der Bundesrechnungshof nicht beanstandet hatte. Schließlich trat er am 6. Mai 1993 nach der „Putzfrauen-Affäre“ zurück. Krause hatte für eine private Putzfrau Zuschüsse vom Amt beantragt. Rechtlich durfte er das, doch seine Kritiker betonten, dass an ihn höhere moralische Ansprüche gelten als an normale Bürger.
„Junge Politiker, die so einen kometenhaften Aufstieg hinlegen, scheint manchmal der normale Alltag nicht so wichtig. Es gab immer wieder moralische Fragen an Günther Krause“, erinnert sich Christine Lieberknecht. Aber er sei einfach „schillernd“ gewesen.
Lesen Sie zum Dschungelcamp auch:
- Danni Büchner: Sie macht es für „Malle-Jens“
- Buschbrände: Warum Australien zum Schutz Kamele töten will
- Die „sexhunrige Coco“: Sonja Kirchberger im Dschungelcamp