Essen. Rendezvous mit einem Mörder: Die "Bella Block"-Episode "Vorsehung" (ZDF, Samstag, 20.15 Uhr) lässt einen frösteln. Wotan Wilke Möhrung mimt als Episoden-Hauptdarsteller einen eiskalten, sadistischen Killer.

„Eigentlich darf ich Ihnen das gar nicht sagen”: Diesen Satz hört Bella Block nun häufiger, wenn sie als Privatperson Einsicht nehmen will in alte Strafakten oder Verhörprotokolle. Die bärbeißige Kommissarin hatte im letzten Film der Erfolgsreihe aus privatem und beruflichen Frust ihre Marke zurückgegeben. Niemand aber konnte ernsthaft glauben, dass nun die Zeit der Privatheit für diese unruhige Frau beginnt. Was „Bella Block: Vorsehung” nun nachdrücklich bestätigt.

Am Anfang wirkt sie wie befreit

Zu Beginn immerhin wirkt Hannelore Hoger als Bella schier befreit: Sie singt beim Autofahren, lässt sich die Finger maniküren und springt selbst dem putzigen Versicherungsvertreter nicht ins Gesicht, als er ihr bescheinigt, sie befinde sich noch „in einerm ganz passablen Zustand”.

Aber diese Leichtigkeit ist wie weggeflogen, als Bella in einer Ausstellung eine kleine Skulptur auffällt, die von Holger Thom stammt. Diesen Doppelmörder der extrem sadistischen Art hatte sie vor 17 Jahren dingfest gemacht und dafür gesorgt, dass er weggesperrt wurde.

Nun ist er wieder da, und auch der Zuschauer kann sich eines Fröstelns nicht erwehren. Ganz zu Anfang des Films nämlich ist er Zeuge der ursprünglichen Tat geworden: Mutter und Vater gefesselt auf den Knien, die Tochter mit angststarrem Gesicht gegen die Wand gelehnt. Dann werden die Eltern hinter ihrem Rücken von einem unsichtbar bleibenden Täter erschossen, sie selbst spürt bereits den Pistolenlauf an ihrem Kopf. Doch mit Helen spielt der Killer nur, sie darf am Leben bleiben. Viel später wird er ihr gestehen, dass er ihr das Leben geschenkt habe, damit er sich darauf freuen konnte, sie wiederzusehen. Aus seinem Munde wirkt das wie eine Einladung auf den Friedhof.

Die Luft scheint vor Angst zu vibrieren

Max Färberböck, der mit den ersten beiden „Bella Block”-Filmen einst das Fundament zu dieser Qualitätsreihe legte, darf nun auch als Ko-Autor und Regisseur die Neuausrichtung der Figur besorgen. Keine schlechte Entscheidung: Man hat auf dem Bildschirm lange keinen Krimi mehr gesehen, bei dem in bestimmten Szenen die Luft nur so zu vibrieren scheint vor Angst und Unberechenbarkeit des Gegenüber. Und sicher gab es noch nie eine Bella, die mit Thom allein im Raum aus ihrer Furcht keinen Hehl macht: „Ich habe sehr große Angst vor Ihnen.” Sie hält diesen Mann für nicht therapierbar, sondern für abgrundtief böse. Und sie ist entsetzt, als sie hört, dass man im Gefängnis zu ganz anderen Erkenntnissen gekommen sei.

Der Zuschauer ist nur anfangs irritiert, weil Thom von Wotan Wilke Möhring gespielt wird, dessen Rollen ihm in der Vergangenheit hauptsächlich die Figur des netten Prolls zugedacht haben. Lange aber wären die Zweifel nicht: Möhring verströmt hier eine derartige Eiseskälte, dass der Begriff Resozialisierung schneller erfriert, als dass man ihn zu Ende sprechen könnte. Bella gerät dabei deutlich ins Abseits, „Vorsehung” wird mehr und mehr ein Film über das Duell zwischen einem psychopathischem Killer und der Frau, die er einst verschonte. Die hat inzwischen einen besorgten Ehemann und zwei Kinder, was sie für Thom noch begehrlicher macht. Glück kann er nicht ertragen.

Die Handlung kulminiert in einem grausigen Mitternachtmahl der beiden bei Brot, Käse und Wein, während der Ehemann im Nachbarraum blutig geschlagen und gefesselt außer Gefecht gesetzt wurde. Wir erleben die Perversion eines Rendezvous, die morbide Fehlentwicklung einer Liebesbeziehung. Da ist eine Frau in Todesangst (Tanja Schleiff verströmt sie aus jeder Pore) und ein sanfter Mann mit Pistole, ein Showdown zwischen Kühlschrank und Küchenzeile. An Bella Block denkt in diesen langen Minuten niemand mehr. Was nicht weiter schlimm ist. Zumindest sie bleibt uns ja.