Das Bundesverfassungsgericht hat die Rundfunkgebühren für verfassungsgemäß erklärt. Es gibt aber Ausnahmen für Zweitwohnungsbesitzer.
Früher gab es in Wohngemeinschaften eine eiserne Regel: Wenn es unerwartet an der Tür klingelt, macht man erst einmal nicht auf. Es könnte ja jemand von der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) sein, um zu überprüfen, wie viele Radios und Fernseher man so in der Wohnung verteilt hat. Diese Kontrollen, um die Höhe des
Auch interessant
zu bemessen, gibt es nicht mehr. Seit 2013 wird pauschal bezahlt.
Jeder deutsche Haushalt muss 17,50 Euro zahlen, egal ob man Radio hört oder den „Tatort“ aus der Mediathek auf den Laptop streamt. Mit diesem monatlichen
Auch interessant
hatte auch das Durchwurschteln ein Ende. Aber die Diskussion um die Rechtmäßigkeit des Beitrags wurde weitergeführt. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat jetzt ein Urteil gesprochen, weil Privatpersonen und der Autovermieter Sixt gegen die Regelung von 2013 Beschwerde eingelegt hatten. Die wichtigsten Antworten zum Urteil.
Wie urteilt das Bundesverfassungsgericht über die Klagen?
Die Richter entschieden nun, dass der 2013 eingeführte Rundfunkbeitrag im Großen und Ganzen mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Mit einer Ausnahme: Menschen mit zwei Wohnungen, die bisher den Beitrag doppelt bezahlen mussten, würden zu stark benachteiligt. Zu den anderen Punkten erklärte der Vizepräsident des
Auch interessant
, Ferdinand Kirchhof: „Die bundesweite Ausstrahlung der Programme gibt jedem in Deutschland die realistische Möglichkeit ihres Empfangs.“ Das Angebot von fast 90 Rundfunkprogrammen rund um die Uhr rechtfertige die zusätzliche finanzielle Belastung von Personen, die als Steuerzahler bereits die allgemeinen Staatsausgaben finanzierten, sagte Kirchhof.
Der Beitrag sei keine Steuer, sondern werde zweckgebunden für die Aufgaben des
Auch interessant
verwendet. Der Auftrag bestehe darin, „ohne den Druck von Marktgewinnen die Wirklichkeit unverzerrt darzustellen“. Im Urteil heißt es weiter, dass zum größten Teil aus Werbeeinnahmen finanzierte Angebote nicht unbedingt den publizistischen Wettbewerb fördern und eine Trennbarkeit von Inhalt und Werbung schwieriger machen.
Dies führe zu neuen Unsicherheiten hinsichtlich Glaubwürdigkeit von Quellen. Angesichts dessen wachse die Bedeutung der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, „durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken“.
Wie viele Haushalte gibt es in Deutschland, und wie viele Zweitwohnungen?
In Deutschland existieren laut Statistischem Bundesamt etwa 41,3 Millionen Haushalte. Bei der Frage, wie viele Haushalte über Zweitwohnsitze verfügen, gibt es nur unterschiedliche Angaben: Eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahr 2013 ergab 1,2 Millionen Haushalte, die über eine Zweitwohnung verfügen. Und eine Erhebung aus 2017 ergab 582.000 Zweitwohnsitze in Deutschland. Insgesamt fließen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedenfalls acht Milliarden Euro an Einnahmen im Jahr zu.
Was bedeutet das jetzt für Haushalte, die eine Zweitwohnung haben und bisher für diese auch Gebühren zahlen mussten?
Inhaber mehrerer Wohnungen müssen den Rundfunkbeitrag künftig nur noch einmal bezahlen. Die Bundesländer haben jetzt die Aufgabe, diesen Teil des Beitragswesens neu zu regeln. Betroffene können ab sofort einen Antrag auf Befreiung von dem zweiten Beitrag stellen – in einigen wenigen Fällen sogar rückwirkend. Der Gesetzgeber muss bis spätestens Ende Juni 2020 nachbessern. Die Anträge für die Befreiung müssen beim Beitragsservice gestellt werden. Auf der Internetseite www.rundfunkbeitrag.de soll es demnächst dazu Informationen geben.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, Malu Dreyer (SPD), die die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, versprach: „Die Länder werden die ihnen vom Gericht übertragene Aufgabe zügig angehen.“ Der Kläger Bernhard Wietschorke, der sich gegen die zusätzliche Beitragspflicht für Inhaber von Zweitwohnungen gewandt hatte, war nach dem Urteil trotzdem noch unzufrieden. Alleinlebende würden nach dem Richterspruch grundsätzlich weiterhin benachteiligt, weil sie genauso viel zahlen müssen wie Mehrpersonenhaushalte. Auch könnten sich die Bürger dem Beitrag weiterhin nicht wie früher entziehen, kritisierte er.
Was waren die Beschwerden gegen die Rundfunkgebühr?
Die Kläger halten die Regelung, dass jeder deutsche Haushalt monatlich 17,50 Euro Rundfunkbeitrag bezahlen muss, aus mehreren Gründen für ungerecht. Zum einen sei die Gebühr eine verkappte Steuer, für die die Länder keine Zuständigkeit besäßen. Verfassungswidrig sei auch, dass seit 2013 für jede Wohnung gezahlt werden muss, unabhängig davon, ob dort Empfangsgeräte stehen oder nicht.
Es sei auch gleichheitswidrig, dass Single-Haushalte gleich viel bezahlen wie Mehrpersonenhaushalte und für Zweitwohnungen ein Extrabeitrag verlangt werde. Die alte Rundfunkgebühr hatte sich danach bemessen, wie viele Geräte tatsächlich im Haushalt waren. Das machte Kontrollen erforderlich. Das Modell stieß aber an Grenzen, weil immer mehr Menschen die öffentlich-rechtlichen Angebote mobil über das Internet nutzen.
Warum hat das Unternehmen Sixt geklagt?
Für jeden Mietwagen, den der Autoverleiher Sixt betreibt, muss ein Drittel des Rundfunkbeitrags gezahlt werden. Und abhängig von der Zahl der Mitarbeiter muss das Unternehmen außerdem zusätzlich für jeden Standort Beiträge entrichten. Die Richter halten das in ihrem Beschluss nun für verfassungsgerecht: Unternehmen hätten aus den Rundfunkangeboten einen wirtschaftlichen Nutzen, denn sie könnten damit Mitarbeiter wie Kunden informieren und unterhalten. Im Auto laufe beispielsweise der Verkehrsfunk. Bei Mietwagen sei das Radio auch ein Preisfaktor. Davon profitiere Sixt.
Wie haben die Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen reagiert?
ZDF-Intendant Thomas Bellut begrüßte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. „Es ist gut, dass über die Zulässigkeit des Beitrags jetzt höchstrichterliche Rechtsklarheit besteht“, sagte er. Das Urteil bestätige, „dass der Rundfunkbeitrag ein angemessenes und verfassungskonformes Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist“.
Und der ARD-Vorsitzende und Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, betonte: „Das Bundesverfassungsgericht hat hervorgehoben, dass die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter wächst.“ Seine Aufgabe, durch „authentische, sorgfältig recherchierte Informationen“ ein „Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden“, werde wichtiger, je mehr die Digitalisierung der Medien voranschreite.
Auch WDR-Intendant Tom Buhrow zeigte sich erfreut über das Urteil. „Ich bin sehr froh über das Urteil. Es bestätigt unseren Auftrag. Es bestätigt die Höhe des Beitrags. Und es bestätigt die Art wie der Auftrag aufgebracht wird“, sagte er unserer Redaktion. Und weiter: „Wir wissen nicht, was uns durch die Entscheidung, dass für Zweitwohnungen kein Rundfunkbeitrag gezahlt werden muss, an Einnahmen entgeht. Wichtig ist, dass wir diese Einnahmeausfälle in unserer Bedarfsrechnung gegenüber der KEF geltend machen können.“
Folglich können der WDR, aber auch alle anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten, darauf hoffen, dass die Finanzkontrollkommission KEF die Einnahmeausfälle aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als zusätzlichen Bedarf anerkennt. Mit anderen Worten: Das, was den Sendern durch den Wegfall der Beitragspflicht von Zweitwohnungen an Einnahmen entgeht, können sie sich vermutlich bei den übrigen Beitragszahlern zurückholen. (mit Material von dpa/rtr)