Berlin. Die letzten Sing-offs vor dem Halbfinale von „The Voice of Germany“ verlangen den Coaches alles ab. Welche Talente sind die Favoriten?
Wenn wir es uns recht überlegen, erscheint es doch geradezu verwunderlich, dass alle Welt ein Pop-Star werden möchte. Wieso nur? So angenehm erscheint das Schwimmen im Geldspeicher doch gar nicht (diese harten Münzen), mal ganz abgesehen von den Paparazzi, die einem ständig die Einfahrt zur Villa zuparken – also nein, Danke, nicht mit uns. Und erst die vielen Regeln, die es in diesem Goldkehlchen-Geschäft zu beachten gilt!
Wer da noch durchschauen will, verfolgt am besten
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. In der letzten Folge der Sing-offs zeigte sich nämlich einmal mehr, dass eine steile Gesangskarriere keinesfalls nur mit einem feinen Stimmchen zu schaffen ist. Vielmehr sollten alle Michael-Jacksons-in-spe und Möchtegern-Madonnas folgende Leitlinien befolgen:
1. Eifere niemals deinem Vorbild nach
Eben diesen Ratschlag erteilt Beth Ditto der ersten „The Voice“-Siegesanwärterin des Abends, Meike Hammerschmidt. Der Weltstar („Heavy Cross“) fühlt sich augenscheinlich geschmeichelt, dass die junge Frau ausgerechnet seinen Hit „Standing in the Way of Control“ auswählt. Allerdings solle sie eben diesen aus ihrer ganz persönlichen Perspektive wiedergeben.
Hat’s funktioniert? Und wie! Meike darf sogleich auf dem „Hot Seat“ Platz nehmen, der ihr als Mitglied des Teams Fanta ein Ticket für das Halbfinale garantiert. Und dieses – so viel sei verraten – stibitzt ihr niemand mehr. Der Versuchung, wie sein Idol so klingen, verfällt übrigens auch Julien Alexander Blank aus Team Catterfeld. Mit Kurt-Cobain-Gedächtnis-Look und -Stimmlage erinnert er Super-Coach Demi Lovato zu sehr an das Original: „Du wirkst mehr wie ein Fan als ein Künstler.“ Aber schöne Haare hat er.
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2. Hab keine Angst vor großen Gefühlen
Denn was könnte schlimmer sein, als einen singenden Roboter auf der Bühne zu begutachten? Eben. Entsprechend gilt es, auch mal ein Tränchen zu verdrücken, wenn es gerade angebracht erscheint (Yvonne Catterfeld kennt’s ganz genau), oder eben so richtig abzurocken, wenn der Songtext das derzeitige Lebenschaos widerspiegelt. Hauptsache, niemand muss sich wie Melissa Tropakci – ein Fanta-Steal-Deal – anhören, er singe wie eine „Maschine“.
Denn zu viel Perfektion, und diese zeigt die junge Frau bei ihrer Performance zu „Dangerous Woman“ allemal, wirkt wie Schnee in einer Skihalle in Saudi-Arabien: künstlich und wenig greifbar. Konkurrentin Anna Heimrath holt mit ihrer „Fix You“-Performance dagegen alle ab – trotz manchen Makels in der Stimme. „Ist es perfekt gewesen?“, fragt Yvonne Catterfeld. „Nein! Doch lass dir von niemandem deine Verletzlichkeit ausreden.“
3. Weniger ist mehr – auch in der Musik
Ein Glück liegen die Tage durchchoreografierter Boy-Band-Auftritte lange hinter uns. Blöd nur, wenn „Ausnahmetalente“ wie Semion Bazavlouk das nicht mitbekommen. Denn so viel wie der 33-Jährige während der Proben zu seiner Performance von „All On My Mind“ gezappelt hat, so viel Sport treibt der Durchschnittsdeutsche das ganze Jahr nicht.
Beth Ditto rät zu einer Extraportion Gelassenheit, die ihm am Ende auch gelingt. Fürs Halbfinale reicht es trotzdem nicht. Wie sangen die Backstreet Boys noch gleich? „Bye Bye Bye“.
4. Such einen Song aus, der dir aus der Seele spricht
So wie der rappende Familienvater Dzenan Budic, der seine Lebensgeschichte im Song „Bleib so wie du bist“ entdeckt und den vielleicht überzeugendsten, weil persönlichsten Auftritt des Abends hinlegt. Mark Fosters Urteil fällt entsprechend dufte aus: „Dass du uns so eine Soul-Keule um die Ohren haust, das war schon wirklich fett!“
Schade nur, dass Smudo und Kumpel Michi Beck ähnliches Potenzial nicht bei Luzie Juckenburg entdecken. Ihre Darbietung von „Defying Gravity“, einem „sehr schwierigen Stück“, wie die Coaches einhellig feststellen, reicht am Ende nicht. Buh.
5. Alter ist kein Hindernis
Wie alt ist Yvonne Catterfelds Schützling Melvin Vardouniotis? Bingo, 16 Jahre jung! Trotzdem steht er abgeklärt wie ein Großer auf der Bühne, um seine Darbietung von „Thinking About You“ zum Besten zu geben. Alle Schwierigkeiten in Sachen Treffsicherheit der hohen Töne, begeistert der Perfektionist selbst die anderen Talente.
Samu Haber: „Es ist unfassbar, wie gut du bist!“ Sieht auch Catterfeld so und schickt den Lockenkopf mit Karacho ins Halbfinale – wo er auf Gregor Hägele aka Ed Sheeran Nr. 2 trifft. Das wird ein Spaß.
6. Lass dich nicht entmutigen
Viele Sänger hätten es Donnerstag ebenso wie ihre Konkurrenten verdient, bei „The Voice“ eine Runde weiterzukommen. Trotzdem endete der Abend etwa für Publikumsliebling Sebastián Millepied („Too Good at Goodbye“), Johannes Pinter („All I Ask“) oder Christine Heitz, der die Attitüde fehlte, mit einer Niederlage.
Wie aber formulierte es die dritte Halbfinalistin aus Team Yvonne, BB Thomaz, so treffend? „Es ist alles möglich, geh deinen Weg. Wir haben nur ein Leben.“ Und wer dieses schwimmend in einem Geldspeicher verbringen möchte, dem sei auch das gegönnt.