Berlin. Eigentlich sollte es bei Maischberger um die Zukunft der sogenannten Volksparteien gehen. Doch dann wurde über die AfD gestritten.
In Zeiten von Hass, Zersplitterung und Misstrauen sollte man sich auf Gemeinsamkeiten besinnen. Und ja, die gab es sogar in der ansonsten von gegenseitiger knirschender Abneigung geprägten Maischberger-Runde am Mittwochabend.
Egal, wen die Talkmasterin zur großen Bundestagswahl-Verdauungssendung mit dem Thema „Haben die Volksparteien ausgedient?“ befragte, eines gaben Frauke Petry ebenso wie Gregor Gysi, Giovanni di Lorenzo und Markus Söder quasi unisono zu: Ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben.
Ist die Kanzlerin verantwortlich für den Ausgang der Bundestagswahl und kann Angela Merkel trotz des schlechtesten Unions-Ergebnis seit 1949 weitermachen wie bisher, fragte Sandra Maischberger.
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Wie sehr ist die Noch-AfD-Vorsitzende schuld am Rechtsruck, den sie nun beklagt? Und schmeichelt es Bayerns Finanzminister Markus Söder, dass Petrys Ehemann Marcus Pretzell für die AfD-Abtrünnigen eine Partei nach Vorbild der CSU bundesweit interessant findet?
Söder: „Mir ist wurscht, wie die AfD ihre Probleme löst“
Viele, zu viele Fragen – kaum Zeit für echte Antworten. Stattdessen: Vorwürfe, sich ins Wort fallende Gäste, kurze Disputanläufe, die schnell im Keim erstickt wurden.
Geradezu erfrischend daher kam da der aus München zugeschaltete Christsoziale Söder, der die Frage nach der offensichtlichen Sympathie einiger AfD-Mitglieder für die CSU mit bayerisch-herzhafter Genervtheit beantwortete. „Mir ist relativ wurscht, wie die AfD ihre Probleme löst“, sagte er, und war im Übrigen nicht der einzige in der Runde, dem das lange Kreisen um die Rechtspopulisten zu viel war.
Auch die Grünen-Politikerin Renate Künast monierte säuerlich, ob „wir denn den ganzen Abend über die AfD reden müssen und fragte: „Sollten wir nicht über das Land sprechen?“ Nein, die AfD sei jetzt im Bundestag, das sei wichtig, hieb Maischberger zurück. Künasts Anläufe, das Ende der Volksparteien mit der auseinanderklaffenden sozialen Schere zu erklären und mit der Wut der Bürger, auf die die etablierten Parteien weder ausreichend gehört noch reagiert hätten, verhallten einigermaßen unbeachtet. Statt kurz auszuharren, hechelte Maischberger weiter.
Klaus von Dohnanyi: Martin Schulz war die falsche Wahl
Zumindest kurz ging es doch um den größten Verlierer unter den Volksparteien: die SPD. Deren Verluste schob der SPD-Politiker und ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi Martin Schulz in die Schuhe. Der sei „von Anfang an die falsche Wahl“ für die Kanzlerkandidatur gewesen und habe schon als EU-Parlamentspräsident „die falschen Sachen gesagt“. „Der Zuwachs von Trachtenmoden ist ja kein Zufall“, so von Dohnanyi. Die kleinen heimischen Schutzräume der Menschen würden zunehmend zerstört, „aber Herr Schulz würde diese Probleme nicht lösen können“. Darum sollte er als SPD-Chef zurücktreten.
Während Dohnanyi die Tracht zum Symbol bürgerlicher Überforderung deklarierte, stritt „Zeit“-Chefredakteur di Lorenzo mit dem ehemaligen Linken-Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi – ganz kurz – über Migrationspolitik, und Gysi – ganz kurz - mit Söder über den Unterschied zwischen Flüchtlings- und Fluchtursachen-Bekämpfung. Kein Anfang, kein Ende, kein Atemholen.
Zu viel AfD, zu wenig Kernfrage
Was Sandra Maischberger da bot, war ein zerfasertes und unbefriedigendes Stück Diskussions-Unkultur: Sie stellte zu diverse Fragen in zu kurzer Zeit, ließ sich zu lange zum Gespräch über die AfD hinreißen, und brachte den geplanten Schwerpunkt der Sendung erst kurz vor deren Ende auf.
„Die Bürger wählen nicht Programme, sondern Personen“, hatte Frauke Petry an diesem Abend gesagt. Wie abgeneigt man ihrer Person und ihrem Programm auch gegenüber stehen mag, darin muss man ihr wohl zustimmen – begleitet von der traurigen Einsicht, dass man nach diesem Debattenskelett niemanden der Gäste hätte wählen mögen.