Düsseldorf. Eigentlich sollte die „Zimmer frei“-Folge mit Martin Sonneborn für immer im WDR-Archiv verschwinden. Nach Zuschauerprotesten lief sie zur Geisterstunde doch noch. Zu sehen war die Kollision völlig unterschiedlicher Humorauffassungen.
Ein bisschen naiv war das Ganze schon. Glaubte die Redaktion von „Zimmer frei“ ernsthaft, Oberzyniker Martin Sonneborn würde sich in die harmlos-menschelnde Welt ihrer Sendung einfügen? Würde mit ihnen sprichwortraten, Krimis lösen und sich in eine imaginäre WG wählen lassen? Wohl kaum. Viel wahrscheinlicher war es, dass der ehemalige Titanic-Chef die Sendung unterwandern und als Satireplattform benutzen würde.
Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Vor ein paar Wochen hatte Sonneborn eine Veranstaltung von Hape Kerkeling in Berlin gestürmt, um für seine „Partei“ zu werben. Zwar wurde er nach kurzer Zeit aus dem Saal geworfen, den gewünschten Pressewirbel gab es natürlich trotzdem.
Bei „Zimmer frei“ sollte Sonneborn als Privatmann auftreten, mimte aber meist den „Partei“-Chef. Mit der Ironie des Auftritts war Co-Moderatorin Christine Westermann sichtlich überfordert. Sonneborns (an sich großartige) Parodie eines überheblich-schmierigen Machtpolitikers stieß auf Unverständnis bei den Gesprächspartnern. Die Temperatur am „Zimmer frei“-Tisch kam über den Gefrierpunkt selten hinaus, an einer Stelle wetterte Westermann sogar: „Ich würde Sie ausschalten!“ Die Spielshow-Einlagen halfen über manch peinliche Gesprächspause hinweg; insgesamt wirkte es allerdings, als sei ein Atheist auf dem Kirchtag zu Gast.
Kommunikative Leerstelle
Westermann hatte es befürchtet. Vor der Sendung hatte sie Sonneborn angeblich mit den Worten begrüßt: „Ich habe ein bisschen Angst vor ihnen.“ Antwort: „Das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Auch Kollege Alsmann zog beim schlagfertigen Sonneborn mehrfach den kürzeren und hatte Schwierigkeiten mit einem Gast, der es buchstäblich darauf anlegte, bei Publikum und Moderatoren anzuecken.
Für das kuschelgewohnte „Zimmer frei“-Stammpublikum dürfte das Ganze ein Kulturschock gewesen sein. Doch auch für Sonneborn- und Titanic-Fans war die Folge mehr kommunikative Leerstelle als Unterhaltung. Eine Ausnahme bildete der Hausbesuch an Sonneborns ehemaligem Arbeitsplatz, der Titanic-Redaktion. „Hier ist noch alles, wie Martin es verlassen hat“, kommentierte Kollege Oliver Maria Schmitt, zeigte auf den „Gebetsteppich“ mit Gaddafi-Konterfei, Pornovideos in der Schublade („Die muss er noch rezensieren“) und erklärte die Handschellen am Tisch („damit die Redakteure nicht abhauen“).
Am Ende war „Zimmer frei“ mit Martin Sonneborn sicher kein Skandal. Eher eine Dokumentation über gestörte Kommunikation und zwei grundverschiedene Auffassungen von Humor.
Die komplette Sendung gibt es zum Nachgucken beim WDR im Netz.