Berlin. Zu den „Menschen bei Maischberger“ gehörte Tania Kambouri. Die Polizistin aus Bochum sagt, bei Einsätzen begegneten ihr viele Muslime respektlos.

Tania Kambouri ist Polizistin, Tochter griechischer Einwanderer und Autorin. Die 32-Jährige hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Deutschland im Blaulicht - Notruf einer Polizistin“. Darin führt Kambouri ihre Erfahrungen und Ansichten aus: Immer mehr Menschen haben immer weniger Respekt vor der Polizei, und Kambouri meint, dass das besonders auf muslimische Migranten zutrifft. Eine Aussage, die die Polizistin in diesen Zeiten zu einem perfekten Talkshow-Gast machen. „Neue Heimat: Wie verändern Flüchtlinge unser Land?“ fragte Sandra Maischberger am Dienstagabend ihre Gäste.

Das Thema Flüchtlinge ist ein großes, ein wichtiges, eines, dass sehr viele Menschen beschäftigt und bewegt. Und es ist eins, bei dem es Talkshow-Gästen langsam schwer fällt, im Fernsehen noch etwas Neues zu sagen. So ging es den „Menschen bei Maischberger“ auch in der ersten Hälfte der Sendung. Bis Kambouri – durch ihre griechische Herkunft einigermaßen erhaben über den Verdacht der Vorurteile gegen Migranten – in die Runde gebeten wurde.

Polizistin klagt über Respektlosigkeit muslimischer Männer

Kambouri beklagte – wie schon in dem offenen Brief, durch den sie vor rund zwei Jahren bekannt geworden war – die wachsende Respektlosigkeit gegenüber Polizisten, die sie vor allem bei jungen muslimischen Männern wahrnimmt. Mehrfach sei sie im Dienst verletzt, worden, berichtete die Bochumerin. Andererseits komme es häufig vor, dass sie – als Frau, dazu mit Migrationshintergrund – im Einsatz von Migranten ignoriert werde.

Das wollte Publizist Jakob Augstein so nicht stehen lassen: „Das Gerede – ,es wird immer schlimmer, immer weniger Respekt, die Gerichte werden immer lascher, wir brauchen noch härtere Strafen' - gibt es seit 25 Jahren“, sagte der Herausgeber und Chefredakteur der Wochenzeitung „Der Freitag“. „Jetzt kommen Sie mit Ihrem Buch. Ihnen hört man besser zu, weil Sie einen Migrationshintergrund haben. Richtig viel lernen für die Gesellschaft, fürchte ich, können wir daraus nicht.“

Auch Grünen-Politikerin Renate Künast fragte nach dem Erkenntnisgewinn von Kambouris Bericht: „Was schließen wir daraus? Ich schließe nicht daraus, dass alle, die jetzt aus Syrien kommen, Ihnen demnächst im Ruhrgebiet gegenüberstehen und Sie anpöbeln.“

Polizistin Kambouri: Migranten haben eine Bringschuld

„Ich sage nicht, dass alle so sind, die hier hinkommen“, stellte Kambouri fest. „Würden Sie sagen, Migranten, die nach Deutschland kommen, haben eine Bringschuld?“, wollte Maischberger wissen. „Ja, definitiv. Man hat sich hier anzupassen“, betonte die Polizistin: „Man darf die eigene Kultur nicht verleugnen, aber man hat sich den Regeln zu stellen.“

Das sieht die Grünen-Abgeordnete Künast gar nicht anders: „Ich bin Verfassungspatriotin. Alle wichtigen Dinge stehen im Grundgesetz. Da steht auch, dass die Amtssprache Deutsch ist, und welche demokratischen Prinzipien wir haben. Das müssen wir jedem beibringen.“ Und ergänzte beschwörend: „Ich gehe aber davon aus, dass die Allerallermeisten es auch wollen, sonst würden sie doch nicht hierher kommen.“

Buschkowsky: Unter Migranten herrscht eine andere Werteordnung

Heinz Buschkowsky (SPD), früherer Bezirksbürgermeister des Berliner 325.000-Einwohner-Bezirks Neukölln, findet solche Ansichten blauäugig: „Als jemand, der Jahrzehnte in einem sozialen Brennpunkt lebt, kann ich Ihnen sagen: Natürlich herrscht da eine andere Werteordnung, natürlich herrscht da eine andere Sichtweise, und natürlich gibt es weite Teile der Migranten-Bevölkerung, die sagt: Das interessiert uns hier alles nicht, die Gesetze sind für die Deutschen.“ Deshalb sei eine „ganz klare Ansage“ notwendig: „Natürlich gelten die Lebensregeln dieses Landes für alle.“

Das hat sich noch lange nicht überall herumgesprochen, meint Marie-Luise Balk-Egger, die in einer Bürgerinitiative im baden-württembergischen Weinheim gegen die Unterbringung (weiterer) Flüchtlinge in ihre Ortsteil kämpft. „Sehr viele Meldungen haben uns erreicht, dass junge Frauen verbal sexuell belästigt worden sind. Und haben sie sich gewehrt, hat es geheißen: Ihr müsst euch doch auch anpassen.“ Wie weit die Anpassung gehen solle, wollte Balk-Egger von Jakob Augstein wissen, der zuvor seine Ansicht dargelegt hatte, dass Integration nur in zwei Richtungen funktioniere.

Augstein: Forderungen der Konservativen „zum Totlachen“

„Es ist zum Totlachen“, antwortete der Publizist und Autor, „jetzt kommen alle Konservativen, die gegen die Quote sind, die finden, dass das ganze Gender-Zeug alles viel zu weit geht, die kommen jetzt aus den Ecken und sagen: Die Muslime, die sind ja alle so frauenfreindlich. Ich will sagen, dass diese Debatte querläuft, weil man von den Leuten etwas will, was man selber noch gar nicht leistet.“

Buschkowsky betonte noch einmal die unterschiedlichen Wertesysteme: „Das hat was mit dem Patriarchat zu tun, das hat was mit der Gleichheit der Geschlechter zu tun, es hat was damit zu tun, wie der Wert des einzelnen betrachtet wird. Bisher“, sagte der SPD-Politiker, „ist es so, dass die westliche Welt für die muslimische Welt der Erzfeind schlechthin ist.“

Versöhnlichere Töne schlug Künast an: „Wir haben hier zuhauf Leute, die kommen, weil sie einem islamistischen Extremismus entfliehen wollen. Denen würde ich mal nicht als erstes entgegenschleudern: Hier ist die deutsche Leitkultur, sondern ,ihr seid hier, wir nehmen euch auf'. Um dann in aller Ruhe zu sagen: Unsere Regeln und unsere Werte stehen im Grundgesetz.“