Mainz. Das IOC hat seine TV-Rechte an das US-Unternehmen Discovery verkauft. Im Interview spricht ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz über die möglichen Folgen.
Der erste Schock ist überwunden - doch der überraschende Verkauf der Olympia-TV-Rechte durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) an Discovery wirkt nach. ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz erklärt im Interview der Deutschen Presse-Agentur, welche Auswirkungen der Deal haben kann.
Mit dem Abstand von ein paar Wochen: Wie beurteilen Sie die Rechtevergabe durch das IOC?
Dieter Gruschwitz: Das IOC, das wissen wir heute, wollte den Abschluss mit einem Unternehmen für ganz Europa. Selbst bei einer Nachbesserung des ARD-ZDF-Angebotes hätten wir definitiv keine Chance gehabt. Das IOC wollte keine Rechte nur für den deutschen Markt vergeben. Da hätte ich mir mehr Klarheit in der öffentlichen Darstellung des IOC gewünscht.
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Welche Chance sehen Sie noch, dass ARD und ZDF nach 2016 von Olympia berichten können?
Gruschwitz: Rein theoretisch ist die Chance da. Es gab eine erste Kontaktaufnahme mit Discovery, aber noch keine konkreten Gespräche. Wir warten auf einen Termin, und dann muss man sehen, welche Sublizenzen angeboten werden können. Aber wir werden uns nicht unter Wert verkaufen, weder inhaltlich noch wirtschaftlich.
Wäre eine ARD-ZDF-Berichterstattung von Olympia überhaupt denkbar ohne Live-Höhepunkte wie etwa den 100-Meter-Endlauf oder Schwimm-Finals?
Gruschwitz: Nein. Eine Sublizenz muss auch ein relevantes Programm-Angebot beinhalten. Es müssen auch Highlights dabei sein.
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Inwieweit ist denn überhaupt ein ernsthaftes Interesse bei Discovery erkennbar, dass sie relevante Teile weiterverkaufen und nicht für Eurosport selber nutzen wollen?
Gruschwitz: Bisher kann ich nur von einem Interesse an Gesprächen ausgehen. Welche Inhalte die Gespräche haben werden, kann ich überhaupt nicht abschätzen. Wir wissen, dass 200 Stunden im Sommer und 100 Stunden im Winter frei empfangbar gezeigt werden müssen. Wir haben bisher mehr gemacht, und wir wissen jetzt nicht, wo gehen die anderen Stunden hin. Gehen sie ins Pay-TV? Oder gibt es sie nur exklusiv bei einem anderen Sender?
Welche Konsequenzen hat denn die IOC-Entscheidung für die Olympia-Berichterstattung in Deutschland, wenn es keine Sublizenzierung gibt?
Gruschwitz: Viele sind sich der Konsequenzen, die diese Entscheidung haben kann, gar nicht bewusst. Zuschauer und Athleten müssen sich im Klaren sein, dass sich ohne ARD und ZDF etwas ändert. Es ist nicht davon auszugehen, dass es beim Live-Angebot von Eurosport ein Programm mit dem Fokus auf die deutschen Sportler geben wird, also ein national ausgerichtetes Programm. Ich befürchte, dass die deutschen Zuschauer und Athleten die Leidtragenden sein werden. Wir sind ja bisher immer mit eigener Technik dabei gewesen, getragen von der Philosophie, dass wir bei parallel laufenden Wettbewerben deutschen Sportlern eine Priorität geben wollen.
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Welche Auswirkungen wird die IOC-Entscheidung auf die Paralympics-Berichterstattung von ARD und ZDF haben?
Gruschwitz: Die Rechte für die Paralympics werden nicht vom IOC, sondern vom IPC, dem International Paralympic Committee vergeben. Und das ist bisher nur für Rio 2016 erfolgt. Wir müssen in Zukunft über Umfang und Ausmaß der Berichterstattung nachdenken. Bisher haben wir uns sehr engagiert, auch weil wir Olympia und Paralympics immer als eine Einheit gesehen haben. Und die technische Ausstattung von Olympia konnten wir bei den Paralympics weiter nutzen. Diese müssten wir nun eigens aufbauen. Dadurch würden die Produktionskosten erheblich steigen.
Wird sich die Sport-Fernsehwelt in Zukunft ändern ?
Gruschwitz: Den öffentlich-rechtlichen Sendern sind durch Ihren Auftrag und ihre Struktur beim Erwerb von Sportrechten sowohl finanziell als auch inhaltlich Grenzen gesetzt. Sollte das Beispiel Olympische Spiele mit einem großen internationalen Medienkonzern und seinen wirtschaftlichen Interessen im Wettbewerb Schule machen, kann es in Zukunft große Veränderungen geben. (dpa)