Lausanne. . Eurosport-Mutter Discovery landet einen Coup und schnappt den Öffentlich-Rechtlichen für 1,3 Milliarden Euro die Übertragungslizenz vor der Nase weg.

Auf den meisten deutschen TV-Fernbedienungen liegt der Sender „Eurosport“ irgendwo im hinteren zweistelligen Bereich. Das dürfte sich langfristig ändern. Denn für rund 1,3 Milliarden Euro hat die Eurosport-Muttergesellschaft „Discovery“ die europäischen Übertragungsrechte für die vier Ausgaben der Olympischen Spiele von 2018 bis 2024 erworben. ARD und ZDF wurden von dem Deal anscheinend kalt erwischt. Derzeit ist noch völlig unklar, ob – zumindest teilweise – auch bei ihnen noch um Medaillen gekämpft wird.

Thomas Bach konnte seine Begeisterung kaum zügeln. Von einem „aufregenden Tag“ sprach der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees am Montag auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz und nannte die neuen TV-Partner „unsere Freunde von Discovery“. Dann schwärmte er von einer „größeren Reichweite, auf mehr Bildschirmen als je zuvor“ und „über 700 Millionen Zuschauern in ganz Europa“, die die Spiele ab 2018 sehen könnten.

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Nur was davon? Denn auch wenn Discovery alles gekauft hat, was an Rechten auf dem Markt war, kann das Unternehmen die Wettkämpfe nicht völlig im Bezahlfernsehen verstecken. Das Unternehmen hat sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass bei den Sommerspielen mindestens 200 Stunden, bei den Winterspielen mindestens 100 Stunden im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein werden. Was genau gezeigt werden muss, war allerdings gestern noch unklar. „Discovery ist jetzt der Tor-Wächter für die Rechte an den Olympischen Spielen in Europa“, bestätigt Bach. Nicht auszuschließen, dass Final-Läufe oder Endspiele populärer Mannschaftssportarten nur auf frei empfangbaren Eurosport-Sendern gezeigt werden, statt in der ARD oder bei der BBC.

Weiterverkauf von Sublizenzen

Technisch wäre das in Deutschland immerhin problemlos möglich. Denn anders als in vielen anderen europäischen Ländern ist Eurosport hier frei empfangbar. Über Satellit, in den meisten Kabelnetzen und via DVB-T, also über Antenne, immerhin in den Ballungsgebieten.

Im Ruhrgebiet dürfte die Abdeckung nahezu vollständig sein, im Hochsauerland oder am Niederrhein allerdings kann es beim Antennen-Empfang Probleme geben. Aber noch sind es ja drei Jahre, bis die Athleten bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang/Südkorea an den Start gehen.

In welcher Reihe die Zuschauer dann bei ARD und ZDF sitzen werden, lässt sich derzeit kaum sagen. Nur über Werbung dürfte Discovery den Deal kaum refinanzieren können. Das Unternehmen hat deshalb bereits angekündigt, auch für Deutschland Sublizenzen zu verkaufen, und IOC-Boss Thomas Bach sagt: „Niemand ist aus dem Rennen, der nicht aus dem Rennen sein will.“ Schnäppchenpreise sind aber nicht zu erwarten, erst recht nicht, wenn die Sommerspiele 2024 nach Hamburg gehen sollten.

Öffentlich-Rechtliche überrascht

Eine erste Stellungnahme von ARD und ZDF pendelt zwischen überrascht und pikiert. Man habe die „Entscheidung des IOC“ „zur Kenntnis“ genommen, heißt es darin. Und weiter: „Aus der Pressemitteilung des IOC geht nicht hervor, was die Rechtevergabe an die internationale Sendergruppe für den deutschen Fernsehmarkt bedeutet. Hieraus ergeben sich Fragen an das IOC und den Deutschen Olympischen Sportbund.“

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Beide Sender haben nach eigenen Angaben selber „ein angemessenes Angebot“ abgegeben. Wie hoch das war, verraten ARD und ZDF nicht. Am Geld allein kann es ohnehin nicht gelegen haben. Stimmen die Zahlen der Vergangenheit, haben allein die europäischen Übertragungsrechte für die Spiele in London 750 Millionen gekostet. So gesehen ist Discovery mit seinem Viererpaket für 1,3 Milliarden Euro gut weggekommen.

Sehr wichtig war es offenbar,dass Discovery sich verpflichtet hat, gemeinsam mit dem IOC einen neuen Olympia-Kanal für den europäischen Raum zu entwickeln, in dem olympische Sportarten rund um die Uhr laufen. Ein Traum, den seit Jahren vor allem einer träumt: Thomas Bach.