Hilversum. . John de Mol erfand „Traumhochzeit“, „Big Brother“ und „The Voice“. In „Newtopia“ soll nun sogar eine ideale Gesellschaft entwickelt werden. Sat.1 ist dabei.

Er guckt viel Fernsehen. Sendungen aus aller Welt. Das ist sein Job. Das hat ihn reich gemacht, zu einem der 1000 reichsten Menschen der Welt. John de Mol guckt nicht nur, er denkt auch darüber nach, was er gesehen hat. Noch mehr denkt er darüber nach, was er nicht gesehen hat. So entwickelt er eine neue Show, „wenn es gut läuft eine ganz große“. Die „Traumhochzeit“ war so eine, natürlich „Big Brother“ und erst jüngst „The Voice“. „Newtopia“, das am Montag bei Sat.1 (19 Uhr), seine deutsche Premiere feiert, soll auch so ein großer Wurf werden.

Die Idee dazu ist an einem jener „Trendabende“ entstanden, zu denen er sich jede Woche mit engsten Mitarbeitern trifft, um sich neue Shows aus aller Welt anzusehen. „Da ist uns aufgefallen, dass viele Leute nicht glücklich waren mit ihrem Leben“, sagt der 59-Jährige. Deshalb hat er sich überlegt, einigen von ihnen ein anderes zu geben. Zumindest vorübergehend. „Sie bekommen die Chance, sich eine neue kleine Welt zu schaffen.“

„Big Brother“ in der Wildnis?

Die sollte eigentlich wie in Holland „Utopia“ heißen. Doch der Name war in Deutschland schon vergeben. Deshalb heißt sie hier nun „Newtopia“, ist aber dennoch – wenn auch etwas grob – angelehnt an die berühmte, rund 500 Jahre alte Abhandlung des englischen Humanisten Thomas Morus. Morus beschreibt in ihr eine Gesellschaft, in der es weder Geld noch Privatbesitz gibt und die von Wahlbeamten regiert wird.

Vor diesem Hintergrund schickt de Mol nun also 15 Menschen für ein Jahr auf einen mitten im Wald gelegenen Hof in Königs Wusterhausen bei Berlin. Leer ist die Scheune, nicht kultiviert das Land. Es gibt Anschlüsse für Wasser und Strom. Dazu – anders als bei Morus – sogar ein wenig Startkapital und viele Kameras und Mikros. Was es nicht gibt sind Regeln und Hierarchien. Die müssen die Bewohner selbst erstellen. Kontakt zur Außenwelt – wenn auch nicht zu Freunden und Familie - ist erlaubt, Verlassen des Geländes ist verboten. Regelmäßig wird einer rausgewählt. Jeden Tag überträgt Sat.1 einen einstündigen Zusammenschnitt, im Internet läuft es rund um die Uhr. „Big Brother“ in der Wildnis? Der Große Bruder 2.0?

De Mol weiß, dass diese Fragen kommen. Er schüttelt den Kopf. „Das kann man nicht vergleichen. Es gibt ja keine Spiele, keine Aufgaben.“ Und es gibt auch niemanden, der den Bewohnern den Kühlschrank auffüllt. Für Essen müssen sie selber sorgen. Genau wie für Licht, Duschen oder Möbel.

Kandidaten-Suche „kompliziert“

Deshalb war es auch „kompliziert“, die passenden Kandidaten aus den mehr als 8000 Bewerbern in Deutschland herauszupicken. „Du musst ja Menschen haben, die gewisse Fähigkeiten besitzen.“ Handwerker hatten gute Chancen, Bauern wurden gern genommen. „Es geht dieses Mal nicht um den Wunsch nach 15 Minuten Ruhm“, behauptet de Mol. „Die Kandidaten sind Menschen, die sich einen Traum erfüllen wollen.“ Den Traum von einer besseren Gesellschaft.

Dass Sat.1 deshalb nun zum neuen Lieblingssender deutscher Marxisten werden wird, ist dennoch nicht zu erwarten, wie ein Blick in die Niederlande zeigt, wo die Sendung aufgrund des großes Erfolges schon über das ursprünglich geplante Jahr hinaus läuft. Denn im holländischen „Utopia“ wird zwar viel gewerkelt und gearbeitet, aber natürlich wird vor laufenden Kameras wie gewohnt gelästert, gepöbelt, gestritten und gejammert oder banales Zeug diskutiert. „Es ist wie in einer Daily-Soap“, sagt de Mol. Nur mit echten Menschen. „Ich mache“, sagt der Mann aus Hilversum, „Programme für Millionen“.