Hamburg. Sie erkrankt mit 21 Jahren an Krebs. Die junge Frau will sich der Krankheit nicht geschlagen geben. Sie schlüpft mit Hilfe von Perücken in immer neue Rollen. Bewegendes Arte-Drama nach wahren Ereignissen.
Dem Tod geweihte Krebspatienten begegnen ihrem Schicksal in Filmen und Literatur häufig mit selbstzerstörerischer Wut. Das Drama "Heute bin ich blond" erzählt von einer anderen Herangehensweise: Die 21-jährige Sophie reagiert mit unerschrockener Lebenslust auf die vernichtende Diagnose - und gewinnt.
Rund 120.000 Zuschauer sahen den Film in deutschen Kinos. An diesem Mittwoch (4. Februar) um 20.15 Uhr ist er auf Arte zu sehen.
Ausgelassen feiern zwei junge Frauen in Antwerpen Silvester, sie trinken, schmeißen sich an die Männer heran. Sie haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Gemeinsam planen sie eine Wohngemeinschaft in Hamburg. Sophie (Lisa Tomaschewsky) will ihr Studium beginnen.
Doch am Neujahrsmorgen wacht sie nicht nur mit einem schweren Kater auf, sondern auch mit einem seltsamen Husten und einem ebensolchen Schmerz im Oberkörper. Zurück in Hamburg beginnt eine Odyssee von Arzt zu Arzt bis die Diagnose feststeht: Krebs.
Voller Lebensfreude trotzt die junge Frau der Krankheit
Der deutsche Regisseur Marc Rothemund hat sich an den gleichnamigen autobiografischen Roman der Niederländerin Sophie van der Stap gewagt, trifft den Ton der Buchvorlage und wohl auch der Autorin selbst.
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Fast unerschrocken und voller Lebensfreude trotzt die junge Frau der Krankheit, hört nicht auf, in derben Sprüchen über Sex und ihren körperlichen Verfall zu sprechen, sich in Discos sinnlos zu betrinken und sich in Flirts zu stürzen. Diese Bedingungslosigkeit ist mitunter für den Zuschauer unerträglich, manchmal auch ein wenig unglaubwürdig.
Vor allem aber will Sophie nicht hinnehmen, mit einer Nullachtfünfzehn-Perücke wie eine Playmobil-Figur auszusehen. Nach und nach legt sie sich immer mehr Perücken zu, die sie jeweils zu einer anderen Frau machen.
Unterhaltsamer und gleichzeitig ernster Selbstfindungstrip
Sie spielt mit den verschiedenen Charakteren und entdeckt zugleich die verschiedenen Seiten an sich. So gerät der Kampf gegen den Krebs auch zu einem sehr unterhaltsamen und gleichzeitig ernsten Selbstfindungstrip.
Lisa Tomaschewsky spielt diese todkranke junge Frau trotz aller Rückschläge und kräftezehrender Therapien voller Kraft und Lebensfreude. Das wirkt nicht immer realistisch.
Auch dass diese von 54 Wochen Chemotherapie geschwächte Frau meist sehr hübsch anzuschauen ist und die Augenringe schon mit ein wenig Make-up völlig verschwinden, stört dann und wann. Ebenso das Leben in einer Hochglanzkulisse mit vielen schönen, netten und verständnisvollen Menschen.
Regisseur Rothemund mit gutem Gespür für seine Figuren
Und doch gelingt es Regisseur Rothemund ("Sophie Scholl - Die letzten Tage", "Mann tut was Mann kann") über fast zwei Stunden die Spannung zu halten. Wie so oft beweist er ein gutes Gespür für seine Figuren und lässt seinen Schauspielern viel Freiraum.
Er fängt die Hilflosigkeit von Sophies Eltern (Peter Prager und Maike Bollow) ebenso ein wie die ihrer Freunde. Mitleid zählt jedoch nicht, vielmehr gnadenlose Ehrlichkeit, auch wenn sich der Zuschauer irgendwann etwas weniger Erbarmungslosigkeit wünscht.
Damit schafft Rothemund eine bewegende und sehr besondere Komödie, die ihre Eindringlichkeit ebenso ihrer großartigen Hauptdarstellerin wie der autobiografischen Vorlage verdankt.
Sie ist eine Ode an das Leben, klug, witzig, unterhaltsam und sehr anrührend. (dpa)