Essen. Bei „Hart aber fair“ ging's um die Morde in Paris und die Frage, wie Demokratie auf den Terror regieren soll. Die Antwort liegt am Ende auf der Hand.

Heute Fankreich, morgen ein Anschlag in Deutschland? Während weltweit Trauer und Entsetzen über die Morde in der Redaktion der Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ herrschen, wird bereits darüber diskutiert, welche gesellschaftliche Wirkung die Tat der mutmaßlich islamistischen Mörder haben wird. Werden die Rechten in Frankreich und Deutschland profitieren. Wird die Kluft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen weiter aufreißen? Wird die Radikalisierung fortschreiten?

Denn eines steht fest, da war sich die Runde des Polittalks „Hart aber fair“ am Mittwochabend einig: Es wird weiter gehen.

Der Terror wird weitergehen

Die Zahl der radikalisierten Dschihad-Faschisten wächst. Und ein absoluter Schutz vor Gewalttaten wird nicht möglich sein in einer offenen Gesellschaft. Das betonte etwa der Terrorismusexperte Prof. Peter Neumann. Wie sollen die westlichen Demokratien mit dieser Herausforderung umgehen? Das war die Frage des Abends nach dem gezielten Mord an den Karikaturisten und Stellvertretern der Meinungsfreiheit. Wie soll man umgehen mit dem Terror, der sich auf eine Religion beruft, der allein in Deutschland Millionen Menschen angehören?

Warum das Attentat für Muslime eine Katastrophe ist

Auch für die hier lebenden Muslime war das Attentat eine Katastrophe, meint die aus Westfalen stammende Islam-Lehrerin Lamya Kaddor, die unter anderem an der Universität Duisburg-Essen unterrichtet. Sie gerieten durch die Gewalt und die Umtriebe der Salafisten zunehmend unter unverdienten Generalverdacht. Und in der Tat nimmt das Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber Muslimen zu: 66 Prozent der Deutschen glauben den Statements der Islamverbände nicht, die auch jetzt wieder betont haben: Wir Muslime haben mit der Gewalt der Terroristen nichts zu tun: Das ist nicht unser Glaube.

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Um das Problem deutlich zu machen, genügen ein paar Eckdaten: Vier Millionen Muslime leben in Deutschland, davon bezeichnet sich etwa die Hälfte als schwach bis gar nicht religiös, ein Drittel ist eher stark religiös, 20 Prozent sehr religiös – und etwa 8000 gehören dem radikal-islamischen Spektrum an. Kurz: Die meisten Muslime, die hier leben, leben gerne hier und möchten meist tatsächlich nur in Frieden ihre Kinder großziehen. Womit sie sich keinen Deut von den Nicht-Muslimen unterscheiden. Und es gibt absolut keinen Anlass, sich vor ihnen zu fürchten.

Wir fürchten den Islamismus, nicht die Muslime

Und das tun auch die wenigsten, unterstrich der Publizist und Moderator Michel Friedman: „Die Menschen fürchten sich vor dem Islamismus, nicht vor den Muslimen“. Die häufig rechten Drahtzieher hinter Pegida nutzten jedoch diese Angst aus für ihre Ziele. Salafisten und Rechtsextreme brauchten sich als gegenseitig als Verstärker, so Friedman. Folge die Gesellschaft jedoch dieser Argumentationskette, führe das zu einer Aushöhlung der demokratischen Grundwerte. Das könnte in die Unterdrückung einer Minderheit und Gegengewalt münden. „Und dann“, so Friedmans Schluss, „laufen wir in die Falle des Terrorismus“.

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Wie kann man als Gesellschaft diese Falle meiden? Wie kann man den Menschen, die Furcht vor dem Islamismus haben, davon überzeugen, dass auch Pegida keine schlüssige Antwort auf den wahnsinnigen religiösen Terror hat, sondern bisher allenfalls Fremdenfeindlichkeit schürt? Wie kann man die Mehrheit der Muslime, die gerne hier lebt, gesellschaftlich umarmen, das Misstrauen verringern? Und was kann diese Mehrheit tun, damit das Misstrauen schwindet? Und wie kann man all das schaffen – und dabei den radikalen Islamismus in Schach halten?

Reden wir miteinander – halten wir einander aus!

So komplex das Thema ist, so einfach waren die Lösungsvorschläge der Runde: Eine demokratische Gesellschaft lebt von Meinungsfreiheit und von der Diskussion: Als Konsequenz aus dem Anschlag auf die Meinungsfreiheit in Paris müsse man ein „Jetzt erst recht!“ postulieren, so der Publizist Roland Tichy: Ja, das gelte auch für den Spott gegenüber Religionen. Muslime, die sich für ein Leben hier entschieden hätten, müssten lernen, dies auszuhalten. Auch über Mohammed dürfe man Witze machen. Persönliche Verletzungen seien keine Rechtfertigung für Gewalt. Man müsse auch über die Ausgestaltung muslimischen Lebens in einer Demokratie offen diskutieren – und die Schwierigkeiten.

Zehntausende sagen "Ich bin Charlie"

In Brasilien heißt es
In Brasilien heißt es"Rio is Charlie", und "Liberty, never on bended knees". © dpa
Auch in Lissabon rufen die Menschen:
Auch in Lissabon rufen die Menschen: "Ich bin Charlie" © imago/GlobalImagens
Ebenso in Rotterdam....
Ebenso in Rotterdam.... © dpa
...Stuttgart.
...Stuttgart. © dpa
Amsterdam,
Amsterdam, © dpa
Salzburg
Salzburg © dpa
Salzburg,
Salzburg, © dpa
Prag
Prag © dpa
Cludj (Rumänien)
Cludj (Rumänien) © dpa
Und in Paris, wo am Abend der Eiffelturm als Zeichen der Trauer ....
Und in Paris, wo am Abend der Eiffelturm als Zeichen der Trauer .... © Getty Images
... verdunkelt wird.
... verdunkelt wird. © Getty Images
Aber die Menschen wollen sich nicht von Gewalt einschüchtern lassen.
Aber die Menschen wollen sich nicht von Gewalt einschüchtern lassen. © imago/Haytham Pictures
Sie alle sind Charlie, sie alle stehen für die europäischen Werte, für Meinungsfreiheit, Recht und Pluralismus.
Sie alle sind Charlie, sie alle stehen für die europäischen Werte, für Meinungsfreiheit, Recht und Pluralismus. © dpa
Auch Angela Merkel und ....
Auch Angela Merkel und .... © Getty Images
Barack Obama sind
Barack Obama sind "Charlie" in diesen Tagen. Beide haben sich in den französischen Botschaften ihrer Hauptstädte ins Kondolenzbuch eingetragen. © dpa
Weltweit der gleiche trotzige Satz.
Weltweit der gleiche trotzige Satz. © Getty Images
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Der Anschlag auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitschrift
Der Anschlag auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" sorgt international für spontane Solidaritätskundgebungen. Mit der Losung "Ich bin Charlie" gingen Menschen für Pressefreiheit auf die Straße. Unter anderem in Amsterdam... © dpa
...und in Madrid, wo ebenfalls
...und in Madrid, wo ebenfalls "Je Suis Charli"-Transparente auf Kundgebungen getragen wurden... © Getty Images
...in Barcelona gingen Hunderte auf die Straße...
...in Barcelona gingen Hunderte auf die Straße... © Getty Images
...in London versammelten sich Menschen bei einer Solidaritätskundgebung auf dem Trafalgar Square.
...in London versammelten sich Menschen bei einer Solidaritätskundgebung auf dem Trafalgar Square. © dpa
...Trauerbekundungen vor der französischen Botschaft in Berlin.
...Trauerbekundungen vor der französischen Botschaft in Berlin. © Getty Images
Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande bei einer Fernsehansprache nach dem Attentat.
Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande bei einer Fernsehansprache nach dem Attentat. © dpa
...Mehrere Zehntausend Menschen versammelten sich im Herzen von Paris...
...Mehrere Zehntausend Menschen versammelten sich im Herzen von Paris... © Getty Images
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © Getty Images
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © Getty Images
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © dpa
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © dpa
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © dpa
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © imago/Haytham Pictures
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © dpa
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © imago/Haytham Pictures
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift
Stiller Protest: Zehntausende versammeln sich nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris. © imago/Haytham Pictures
Zeichen der Trauer nach dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift
Zeichen der Trauer nach dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo". © dpa
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NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) betonte in seinem Resumee, dass sich jeder, der bei Pegida mitlaufe, klarmachen müsse, dass er am Ende das Geschäft von Extremisten betreibt – sowohl das der Rechten als auch das der Salafisten. Allerdings dürfe man nicht alle, die Furcht vor dem Islamismus hegten, gleich in die rechte Ecke stellen, so Tichy. Man müsse solche Ängste ernst nehmen.

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Und zugleich müsse sich die Gemeinschaft derer, die gerne hier lebe, sich dessen immer wieder gegenseitig bewusst machen und die Werte dieser Gesellschaft offensiv verteidigen - gegen den menschenverachtenden Dschihad-Faschismus, gegen menschenverachtende rechte Parolen.

Reden wir also miteinander – das ist das Merkmal einer Demokratie. Sich gegenseitig auszuhalten. Gelingt das, ist schon viel gewonnen.