Essen. Als sanfter Poet aus dem rauen Ruhrgebiet, der das Leben liebt, so, wie der Vater es ihm beigebracht hat, gerät Grönemeyer im Talk mit Lanz ins Plaudern. Er erzählt Anekdoten aus dem Familienalbum, lacht über sich selbst und holt Sympathien mit dem einfachen Motto: “Ich bin so wie ich bin“.

"Ich spiele lieber, als dass ich sitze und rede." Seine Nervosität spricht Herbert Grönemeyer nicht nur an, sie ist auch zu sehen. Aufrecht sitzt er im schwarzen Anzug neben Markus Lanz im Sessel, die Handflächen auf die Knie gelegt. Doch wie er so aus seinem Leben erzählt, gerät er ins Plaudern. Ehrlich, sympathisch, menschlich. Er will sich nicht gemein machen. "Ich mag es auch gerne, dass mich viele Leute nicht mögen."

Man glaubt ihm, auch wenn er eine große Ausnahme macht. Denn Sympathien aus dem Ruhrgebiet scheinen ihm doch wichtig. Und die hat er am Dienstagabend sicherlich geholt. Als er aus Bochum erzählt, weht ihm ein Lächeln, getragen von Heimatliebe, um die Mundwinkel. "Die Leute checken mich, die gucken, ist der noch der Alte. Und wehe, wenn nicht", erklärt er. Da gehe es nicht um die Hose, sondern um das Herz, das darin schlägt.

Er liebt die Wärme aus dem Publikum

Ehrlich erzählt er vom "Adrenalin bis unter die Schädeldecke": Er liebe den Rock'n'Roll, das Gefühl, das ihn auf der Bühne überkommt, die Wärme, die ihm aus dem Publikum entgegenkommt. Erfolgbedingte Höhenflüge seien auch ihm nicht unbekannt. "Erfolg ist wunderbar für die Eitelkeit, ist toll, aber auch flüchtig wie Gas." Mitunter ein Druck, der einen abheben ließe, wie einen Fesselballon. Wenn er nach einer großen Tournee nach Hause komme, wundere er sich schon manchmal, dass gar keiner klatscht. Schwierig sei es dann, wieder runter zu kommen.

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Grönemeyer scheint von einem Standpunkt aus auf sein Leben zu Blicken, an dem er sich gut fühlt, mit sich und der Welt zufrieden. Er erzählt von sich als Künstler und als Mensch, von seiner Mutter und seinem Vater, von dem, was ihn geprägt hat. "Ich in so wie ich bin. Das Bild nach außen, für das kann ich nichts, das interessiert mich letztendlich auch nicht."

Mit "irgendeinem Bananentext" am Klavier

Eine Einstellung, die es ihm leicht macht, auch über sich selbst zu lachen, über die Fotos aus dem Familienalbum, seine erste Platte, die die goldene Zitrone für das hässlichste Cover gewonnen hat. Mit einem Tupfer Selbstironie setzt er sich im Schutz der Fähigkeit, sich selbst nicht so ernst zu nehmen, bei Lanz ans Klavier und simuliert, wie mit "irgendeinem Bananentext", englischem Geknödel und Melodiewechseln von "leicht quer" zu gefühlvollem Moll seine Songs entstehen.

Kunst dürfe sich nicht gemein machen, müsse immer gefährlich bleiben, sagt Grönemeyer. Eine Einstellung, die er in ihrer Rauheit aus seiner Heimat übernommen hat. Und die ihm Sympathien bringt. Spätestens hier wird die Einstellung zum Leben teuer, die ihm der Vater beigebracht hat: sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, das Leben als Geschenk zu sehen und sich ab und an selbst zu relativieren. "Du kannst bei uns auch flachsen", erklärt er Lanz das Miteinander rund um seine Heimat, Bochum. Er teilt diese gesunde Einstellung zum Leben: "Du musst sagen, was Sache ist, das Leben ist zu kurz." Grönemeyer schwärmt von dieser Direktheit, die es nur dort gebe. "Wenn ich ins Ruhrgebiet komme und die Sprache der Menschen höre. Das ist Leben, das berührt einen."

Vater mahnte, sich Freunde zu bewahren

Nicht nur einmal ruft er sich bei Lanz den Vater in Erinnerung, der Schicksalsschläge verkraften musste, aber immer ins Leben reingebissen habe, es in seiner Schönheit geliebt habe. So, dass seine Mutter immer fragte: "Wie kann ein Mensch so fröhlich sein?" Der Vater habe ihn immer gewarnt: "Bewahr dir deine Freunde, sie sind das, was dir bleibt, was dich selbst relativiert."

Aus dem Kapitel der Lektionen des Vaters gönnt Grönemeyer den Zuschauern Anekdoten aus dem Familienalbum, erzählt, wie er dem Vater vom Erfolg seiner Platte "Mensch" erzählt hat. Statt des erwarteten Stolzes schlug ihm eine Warnung entgegen: "Werd mir bloß nicht arrogant". Eine wichtige Botschaft - wieder, weil er nun einmal aus dem Ruhrgebiet komme und "denen brauchst du mit so was nicht zu kommen. Da kann man damit auch nicht so viel holen ehrlich gesagt."

"Ich meditiere nach Konzerten"

Mittlerweile sei er aber schon etwas älter, auch "mehr so der gesetzte Typ. Ich meditiere nach Konzerten und trinke Lindenblütentee", sagt er und bringt so das Studiopublikum zum Lachen. Meint aber die Botschaft seines neuen Albums "Dauernd jetzt" ernst. Denn er sei seit zweieinhalb Jahren wieder in einer glücklichen Beziehung, an dem Platz angekommen, an dem er sich zu Hause fühle. Man merkt es. "Da steckt viel von mir drin, aber alles was ich mache ist eine Kunstform", hält er an, seine Texte nicht über zu interpretieren. Denn natürlich mache er sich in seinen Liedern interessant.

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Aber: "Das sind Spielfilme und keine Dokumentarfilme aus meinem Leben." Zwar würde er akribisch und mit viel Liebe an seinen Texten feilen: "Das Lied, braucht einen vernünftigen Anzug." Aber oft entstünden die Texte auf den letzten Drücker. Schlussendlich hält er zu seinen Liedern und an der deutschen Sprache fest: "Es ist egal, wie man es ausspricht, Hauptsache es macht Spaß."

Grönemeyer schafft es, ehrlich und offen zu wirken. Bodenständig und sich selbst nicht allzu ernst nehmend - auch wenn es keinen besseren Grönemeyer als ihn gebe - unterhält er sich mit Lanz im Plauderton. Und der braucht gar nicht viel zu fragen. Denn Grönemeyer weiß, zu erzählen. Anekdoten helfen ihm, aus dem Privatleben zu erzählen, dabei aber nicht allzu viel von sich selbst preiszugeben. Aber er hat die Sympathien der Zuschauer, denn er steht zu dem was er macht, was er sagt, was war und was gerade ist.