Pittsburgh. Amerikas Fachwelt nennt es den größten Wurf in der Geschichte seiner Baukunst. Aber das ist nur die eine Seite von Frank Lloyd Wrights „Fallingwater“ in Pittsburgh. Das beeindruckende Wohnhaus verschlingt enorme Kosten - der Bau am Wasserfall lässt Handwerker zu Dauergästen werden.

Wenn es geregnet hat, ist es lauter in einem der schönsten Wohnhäuser Amerikas. Dann rauscht der Wasserfall des kleinen Bächleins unter dem Wohnzimmer von Fallingwater hindurch und man muss lauter sprechen. Eigentlich hatte Stararchitekt Frank Lloyd Wright für den Kaufhausbesitzer Edgar Kaufmann ein Haus am Wasserfall bauen sollen – doch er baute es direkt über dem Wasserfall. Das Ergebnis ist eines der faszinierendsten Häuser der USA, das jährlich von Zehntausenden Touristen, Studenten und Architekten besucht wird – und seit seiner Fertigstellung vom Verfall bedroht ist.

Fallingwater ist einzigartig. Mit mehreren Terrassen lehnt sich das Haus bei Pittsburgh (Pennsylvania) über den Wasserfall des kleinen Bear Run. Jedes Zimmer hat seine Terrasse, meistens ist sie größer als das Zimmer selbst. In den Räumen ist die Natur integriert, im Wohnzimmer wird zum Beispiel auf den Felsen des Bachufers gesessen. „Ein Haus sollte die umgebende Natur würdigen, nicht sie entweihen“, hatte Architekt Wright einmal gesagt.

Schon Albert Einstein saß hier am Kamin

Wright (1867 bis 1959) gilt unumstritten als Amerikas berühmtester Architekt. Als fast Siebzigjähriger entwarf er das Haus, das Laien und Fachleute so fasziniert. Albert Einstein, Frida Kahlo und andere Prominente saßen hier schon am Kamin. Die „Time“ bezeichnete es gleich nach dem Bau 1937 als „Wrights schönste Arbeit“. Das American Institute of Architects würdigte das Haus 1991, seit 1964 ein Museum, als „beste Architekturarbeit aller Zeiten in Amerika“. Und es taucht immer wieder auf verschiedenen „muss man gesehen haben“-Listen auf.

Ein Wunder ist, dass es das ständig von Wasser umspülte Haus überhaupt noch gibt. Der erste Eingriff begann schon, bevor es überhaupt gebaut wurde. Das Architekturgenie Wright hatte zu wenig Stahl für den Beton eingeplant. Kaufmann ließ ihn nach Rücksprache mit Ingenieuren heimlich verdoppeln, doch Wright merkte es und war empört. Heute weiß man, dass beide falsch lagen: Nötig wäre eigentlich die zehnfache Menge gewesen.

„Die Risse sehen übel aus“

„Die Risse sehen übel aus“, sagt Jim DeNuno beim Blick auf die Decke im Ex-Schlafzimmer der Kaufmanns. DeNuno nennt sich selbst „einen Bauarbeiter“, tatsächlich un­terrichtet er Materialkunde in Pittsburgh. „Der 80 Jahre alte Beton bröckelt. Seht mal, da müsste man richtig tief von der Seite reingehen, um das zu sanieren“, erklärt er seinen Schülern. Dennoch sei Fallingwater „ein Wunder“: „Wright hat sich immer für die komplizierteste aller Varianten entschieden. Aber trotzdem, oder gerade deshalb, ist dieses Haus ein Kunstwerk.“

Alles Wright, selbst Glühweinkessel

Alles hat der Stararchitekt extra entworfen, selbst den Glühweinkessel über dem Kamin. Mit seinen 8000 Dollar Honorar kostete Fallingwater 155.000 Dollar. Nach heutigem Wert sind das 2,5 Millionen Dollar, etwa 1,8 Millionen Euro. Das entspricht auch den Kosten, die jährlich für den Erhalt nötig sind. Zwei Monate im Jahr ist Fallingwater geschlossen, dann wird saniert. „Aber unsere Handwerker sind eigentlich ständig dabei, etwas auszubessern“, sagt Megan, die Touristen durch das Haus führt.

Gerade wurde wieder an einem Riss ein Instrument installiert, dass die Entwicklung zeigt. „Unser erster Blick geht morgens immer darauf“, sagt Megan. Nächstes Jahr wird, wie jedes Jahr, zwei Monate lang ausführlich saniert, dann ist Fallingwater wieder für zwei Monate geschlossen. Aber wenn der Bach wieder gefriert, hört man den Wasserfall ja sowieso nicht. (dpa)