Salzburg. . Ein Macho-Mannsbild wie aus dem Bilderbuch. Salzburgs neuer „Don Giovanni“ hat einen Titelhelden, der sich sehen lassen kann. ldebrando d’Arcangelo ist ein Womanizer wie aus dem Bilderbuch. Doch nach temporeichem Start ist die Neuinszenierung szenisch und musikalisch nicht bis zum Ende überzeugend.

In Zeiten von Porno per Mausklick gehen menschliche Leidenschaften reibungslos über die Bühne. Hauptsache die Eroberungsgier wird befriedigt. Das gilt auch für den „Don Giovanni“ 2014 in Salzburg. Zumindest behauptet das Sven-Eric Bechtolf in seiner Neu-Inszenierung, die jetzt die Festspiele eröffnete.

Interimistisch leitet Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf Salzburgs Festspiele bis 2016. Der Regisseur und Burg-Schauspieler wäre dann frei für andere Aufgaben. Als Intendant des heruntergekommenen Düsseldorfer Schauspielhauses ist sein Name – trotz Dementis – noch nicht aus dem Rennen.

Frei von Psychoplunder

Sein„Don Giovanni“ ist frei von Psychoplunder, die Figuren passen in das Konzept vom ewigen Lüstling, dessen Macho-Reizen Frauen jeden Alters und jeder Herkunft erliegen. Bodybuilding und Testosteron bietet der moderne Don Giovanni reichlich. Locken zurückgekämmt und gegelt, einen Mantel aus Schlangenleder übergeworfen. Später Oberarme mit wohl definierter Muskulatur. Als Abziehbild eines Verführers aus dem Fitness-Studio jagt Bassbariton Ildebrando d’Arcangelo von einer Schürze zur nächsten, lässt keiner Ruhe, auch nicht dem Bauernmädchen Zerlina. Don Giovanni (D’Arcangelo: mit sattem, voluminösem Bass) schleckt lüstern die Sahne von ihrer Hochzeitstorte und entführt sie in ein Hotelzimmer, aus dem zuvor Donna Elvira und Donna Anna herauskamen.

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Tatort: Ein holzgetäfeltes Grand Hotel der 30er-Jahre, das zur Luxus-Absteige mutiert. Stapel von Koffern, eine Bar, an der harte Drinks serviert werden. Lebendig wird hier die Story vom sexgierigen Verführer, der im Finale – nachdem der Steinerne Gast ihn zur Hölle geschickt hat – wiederaufersteht, in die erste Etage saust und einem Stubenmädchen nachstellt.

Schauspielerische Bravour

Im ersten Akt zündet Bechtolfs Konzept, mit schauspielerischer Bravour. Das Tempo erlahmt aber nach der Pause, auch wegen des manchmal unbeweglichen Dirigats von Christoph Eschenbach. Der Grandseigneur versteht sich aufs Dramatische, weniger aber aufs spielerisch Filigrane. Musikalisch wirkt es oft bleiern. So bleiben die Wiener Philharmoniker weit hinter ihrem Renommee auch als exquisites Mozart-Orchester zurück. Buhrufe erntet indes nur das Regieteam.

Jubel für Sopran der „Rheinoper“

Sängerisch bietet das teuerste Festival der Welt Durchwachsenes. Ihren umjubelten Durchbruch feiert Annet Fritsch als Donna Elvira. Die 28-jährige Sopranistin (vom Rheinopern-Ensemble) mimt die leidenschaftlich junge Liebhaberin, die am Ende als fromme Nonne ins Kloster geht. Flirrende, leuchtende Höhen, extrem schnelle Timbre- und Tempo-Wechsel. In Topform zeigen sich ebenso Rheinopernsänger Tomasz Konieczny, der als Komtur seinen balsamischen Wagner-Bassbariton so richtig aufdreht, und Alessio Arduini als Masetto.