Was Dornröschen widerfährt, bot schon Stoff für unzählige Filme. Jetzt dreht Disney das Märchen um und erzählt die Geschichte der Hexe, die die Prinzessin einst verfluchte. Am Donnerstag kommt Angelina Jolie in der 3D-Verfimung des Märchenklassikers als „dunkle Fee“ in „Maleficent“ in unsere Kinos.

Märchenfiguren sind derzeit stark gefragt im US-Kino. Sie werden kräftig gegen den Strich gebürstet und finden sich meist in düsterer Gruselumgebung wieder. Rotkäppchen („Red Riding Hood“) wird da mit dem Werwolf-Thema verheiratet, Hänsel und Gretel werden zu Hexenjägern und Schneewittchen erlebt gemeinsam mit dem Jäger plötzlich ganz andere Abenteuer.

Auch „Maleficent – Die dunkle Fee“ aus den Disney-Studios enthält ein paar düstere Fantasy-Momente, aber hier wird immerhin noch das Märchen von Dornröschen erzählt – wenn auch aus ungewohnter Perspektive.

Schon 55 Jahre ist es her, seit Disney „Sleeping Beauty“ (Originaltitel) nach dem Märchen von Charles Perrault als Zeichentrickfilm in die Kinos brachte. Nun legt Regisseur Robert Stromberg in seinem Kinodebüt eine Realfilm-Version des Stoffes vor, der die böse Fee von einst in einem sehr viel milderen Licht zeigt. Im Prinzip präsentiert uns der Film in Gestalt von Angelina Jolie nun eine Frau, die aus enttäuschter Liebe und Verrat verbittert und hartherzig wird.

Ihr Verfluchen der Königstochter Aurora (später: Elle Fenning) ist lediglich die späte Rache am König selbst, der ihr einst als einfacher Waisenjunge im Feenland begegnete und in den sie sich verliebte. Aus Gier nach Macht und Ruhm stahl er ihr später ihre Flügel. Aurora nun soll für diese ruchlose Tat des Vaters büßen, soll sich an ihrem 16. Geburtstag an einer Spindel stechen, um in einen todesähnlichen Schlaf zu fallen, den nur ein Kuss aus wahrer Liebe beenden kann.

„Avatar“-Ausstattung

So weit, so bekannt. Neu in diesem Film aber ist, dass er die ganze Geschichte aus der Perspektive der Fee Maleficent erzählt, die damit nicht mehr länger als wütende Furie betrachtet werden kann, sondern als verletzte Frau, die ihre Herzensgüte tief ins Innere weggesperrt hat. Akribisch hat man bei dieser Fee auch den Look übernommen, den man ihr schon im alten Animationsfilm verpasst hatte – von den zwei Hörnern unter schwarzer Kappe über den Stehkragen ihres schwarzen Gewandes bis zu den stark betonten Wangenknochen.

Als Ersatz für die verlorenen Flügel hat sich Maleficent einen Raben zugelegt, dem sie ebenso menschliche Gestalt (dann: Sam Riley) angedeihen lassen kann wie sie ihn in jedes mögliche Tier verwandeln kann. Der Drache gelingt besonders gut.

Regisseur Stromberg arbeitete bisher als Produktionsdesigner und erhielt bereits zwei Oscars für die Ausstattung von „Avatar“ und „Alice im Wunderland“. Herrlich wunderlich geht es deshalb auch hier zu, wenn die Kamera hoch über dem Feenland kreist, wo es so viel herzlicher zugeht als im Land der Menschen.

Unentwegt sieht man hier Neues, von der wunderbaren Exotik der Natur über sphärische Elfen bis hin zu den an dicke Pfannkuchen erinnernden Geschöpfen, die sich in den Sümpfen tummeln. So viel strömt hier auf den Betrachter ein, dass er eigentlich mehrfach hinsehen müsste.

Hübsche, aber nutzlose Prinzen

Wirklich zu leben aber beginnt „Maleficent“ erst, wenn Aurora älter wird, von einem sehr redefreudigen Feentrio fern vom Schloss im Feenland aufgezogen wird und die dunkle Verflucherin das Objekt ihres einstigen Zorns nun täglich um sich weiß. Die Königstochter hat sie inzwischen längst als Patentante in ihr Umfeld integriert, und Maleficent macht sich angesichts dieser reinen Unschuld erste Gedanken darüber, wie sie ihren Fluch rückgängig machen könnte.

Aber das erweist sich als ein hartes Stück Arbeit, bei dem hübsche Prinzen nicht unbedingt von Nutzen sind. Vor allem hier zeigt sich, dass bei einem Märchen, wenn es nur richtig behandelt wird, plötzlich auch eine Menge Humor zutage tritt. Für Klein, aber unbedingt auch für Groß.