Washington. . Über 40 Jahre nach der Veröffentlichung von „Stairway To Heaven“ werden Plagiatsvorwürfe gegen die Alt-Rocker von Led Zeppelin laut. Zeppelin-Songwriter Jimmy Page soll sich bei der Band Spirit bedient haben. Ein Gericht soll den Fall entscheiden.
Als Jimmy Page (70) sich neulich in Boston vor erwartungsfrohen Absolventen der berühmten Berklee-Musikschule für den Ehrendoktor-Hut bedankte, platzte es aus dem Rockstar heraus: „Whow, was für ein Spirit hier!“ Dabei dachte der mittlerweile weißhaarige Gitarrist von Led Zeppelin an die aufgekratzte Stimmung im Saal. Und nicht im entferntesten an die gleichnamige Rockband aus Kalifornien, mit der er, Robert Plant, John Paul Jones und John Bonham 1968 in Denver gemeinsam auf der Bühne stand.
Francis Alexander Malofiy hat den Rock-Dinosaurier Page brachial daran erinnert. Per Gerichtsklage will der findige Anwalt aus Philadelphia den Nachweis führen, dass eines der meistgenudelten Stücke der Rockmusik ein Plagiat ist.
„Stairway to Heaven“, Wegbegleiter ganzer Heerscharen von Jungmännern auf dem Weg durch die Adoleszenz, unkaputtbare Hymne aller Luftgitarrenhelden und Kellerpartys, Goldstandard der Seventies-Rockmusik, soll dem Spirit-Song „Taurus“ entlehnt sein. Jedenfalls am Anfang, wo Jimmy Page ein Finger-Picking zelebriert, das auch beim tausendsten Anhören nichts von seiner hypnotisch-elegischen Kraft verloren hat.
Randy California soll die Idee gehabt haben
Die Idee dazu, sagte Spirit-Sänger Randy California kurz vor seinem Tod 1997, kann Page nur gekommen sein, als er bei dem Auftritt seinerzeit in Colorado „Taurus“ hörte. In der Tat ist die Ähnlichkeit frappierend. „Die Jungs haben Millionen damit gemacht, ohne jemals Danke zu sagen oder zu fragen, ob sie uns dafür etwas zahlen sollen“, sagte California in einem Interview, „das ist ein wunder Punkt für mich.“ Der Gitarrist aus Los Angeles hätte wahrlich reicher ins Grab gehen können.
Led Zeppelins Back-Katalog
Robert Plant spielt mit seinen neuformierten „Sensational Space Shifters“ am 23. Juni in Köln, E-Werk (ausverkauft).
Led Zeppelin bringen ab dem 30.5. ihren Back-Katalog in der remasterten Version heraus, die viel Bonusmaterial enthält
(Atlantic/Swan Song/Warner).
Schon 2008 hat das Magazin Conde Nast Portfolio den Taschenrechner angeworfen und sämtliche Einnahmen addiert, die „Stairway to Heaven“ bis dahin generiert hat: über eine halbe Milliarde Dollar. Was sich dadurch erklärt, dass Page und Plant sich weigerten, den Song auf eine Single pressen zu lassen. Wer die Stiege gen Himmel erklimmen wollte, musste das Album „Led Zeppelin IV“ kaufen. Was allein in den USA bisher 24 Millionen Mal geschehen ist.
Jimmy Page schweigt noch
Seit die Nachricht vom Plagiatsverdacht auf der Welt ist, geht es in den einschlägigen Debatten-Foren in den USA hoch her. Dabei zeigt sich, dass der Grat zwischen Ideenklau und Inspiration äußerst schmal ist. Für manche gehört „Abkupfern einfach zum kreativen Prozess“. Für andere handelt es sich „glasklar um geistigen Diebstahl“.
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Weil Jimmy Page bisher zum Vorgang schweigt, werden Theorien bemüht. Etwa das in der Psychologie bekannte Phänomen der Kryptomnesie; eine Art unbewussten Ideenklaus. Bekanntestes Beispiel: George Harrison von den Beatles hat seinen Hit „My Sweet Lord“ seinerzeit punktgenau bei einer Mädchen-Band abgeschrieben. Angeblich ohne es zu wissen.
Wie Page die Melodiefolge zu „Stairway to Heaven“ in den Kopf gekommen ist, welche Quellen er möglicherweise beim Komponieren herangezogen hat, das soll darum demnächst ein Gericht klären.
Auch früher gab es schon Plagiatsvorwürfe
Eine Premiere wäre es nicht. In seinem Buch „When Giants Walked the Earth“ breitet der Led Zep-Biograph Mick Wall Details über das Zustandekommen eines anderen Mega-Hits der bereits 1980 nach dem Tod von Schlagzeuger John Bonham von der Bühne verschwundenen Gruppe aus. Danach hörte die kleine Shirley Dixon-Nelson eines Tages im Radio „Whole Lotta Love“. Ein Kracher, der es bis auf Platz 4 in den Top 100 der amerikanischen Billboard-Liste schaffte.
Melodie und Text-Passagen erinnerten das Mädchen an ein Lied ihres Vaters - Willie Dixon, eine Blues-Legende aus Chicago. Vor allem das durch Robert Plants orgiastische Stimme noch heute manche(n) ganz wuschig machende „you need coolin“ und „way down inside, woman you need love“ waren beinahe identisch. Dixon verklagte die Band. Und bekam 1987 nach juristischen Gerangel Recht.
Sprich: den in der Branche begehrten „Credit“, sozusagen der Beleg für eine partielle Urheberschaft. Darauf einmal von der „New York Times“ angesprochen, blaffte Jimmy Page den Reporter säuerlich an: „Am Ende hat er doch seine Anerkennung bekommen.“ Ob das posthum auch Randy California vergönnt sein wird, ist noch offen. Bis zur Klärung darf einstweilen auf eine Textzeile aus „Stairway to Heaven verwiesen werden: Ooh, it makes me wonder. Ooh, it really makes me wonder...“