Dortmund. . Rudolf Buchbinders Auftritte sind Musikereignisse weitab vom Starkult. Zwar hat der große österreichische Pianist, dessen Karriere fast ein halbes Jahrhundert währt, einen festen Fankreis. Doch geht es dem Musiker ausschließlich um die Musik. Sein Spiel ohne aufgesetzte Exzentrik begeistert.

Man sollte dankbar sein, dass Rudolf Buchbinder kein Star ist sondern ein großer Musiker. Damit kann er bleiben lassen, was andere nötig haben. Sie suchen zwanghaft das Exzentrische bei Beethoven. Sie zerklüften artifiziell und zerdehnen den späten Schubert zur Todesfuge, wo doch hörbar ist, dass auch dem Bassgrollen der linken Hand lichter Neuanfang stets Contra gibt.

Rudolf Buchbinder kommt und spielt, was es zu spielen gibt, wenn man sich ein halbes Jahrhundert mit Titanenmusik beschäftigt: Wesentliches. Er beginnt mit der zehnten Klaviersonate Beethovens. Sie ist noch keine der Großen, aber gerade das scheint Buchbinder zu locken. Wie elegant er das scheinbar Beiläufige kultiviert, wie natürlich er das raffiniert gesetzte Nebeneinander von Herz und Heiterkeit fließen lässt! Ein trefflicher Vorhof für die zwei großen Programmpunkte, die er am Donnerstag für seinen Dortmunder Abend im Konzerthaus mitbringt.

Zügige Deutung von Beethovens „Appassionata“

Mancher wird einen Moment zur Fassung gebraucht haben, so zügig verfährt Buchbinder mit Beethovens „Appassionata“. Aber hat nicht schon der kluge Czerny gewarnt: „nicht schleppen“? So gerät das Werk trotz seines Pendelns zwischen den Extremen kompakt. Den Blick für Strukturen und Binnenbezüge verliert Buchbinder nicht.

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Großartig gipfelt sein Konzert – am Tag vor dem Klavierfestival mit stehenden Ovationen gefeiert – in Schuberts letzter Sonate. Sie ist ein tröstlicher Gesang aus Willkomm’ und Abschied. Noch im Abgrund gibt es Licht. Was Meisterschaft ist, handwerkliche zumal, das hört man nicht nur bei den federleicht getupften Echos „molto moderato“.

Reifes Musizieren - und doch ohne Routine

Ein reifes, doch kostbar unroutiniertes Musizieren, zuletzt dokumentiert in Schuberts viertem Impromptu – bei Buchbinder eine Meditation fast haltloser Seelenmusik. Ein Abend ganz dem Werk. Wie gut man doch ohne pianistischen Personenkult auskommen kann.