Hagen. . Der Wagner-Heldentenor, der zu den weltweit besten seines Faches zählt, singt auf dem neuen Album “Favorites“ seine Lieblingslieder, von “Dein ist mein ganzes Herz“ bis “West Side Story“, “Les Misérables“ und ABBAs “Anthem“. Er nähert sich den Titeln wie ein Junge seiner ersten Verabredung mit einem Mädchen.

Ein Heldentenor singt unter der Dusche ja auch nicht immer nur die Gralserzählung aus dem „Lohengrin“. Daher gönnt sich Klaus Florian Vogt, einer der besten Wagner-Sänger der Welt, jetzt eine Auszeit vom schweren Fach mit einem Album voller persönlicher Lieblingsstücke von der Operette bis zum Musical. Erstere gilt schließlich als Königsdisziplin der Tenöre – und Klaus Florian Vogt hat seine Karriere mit der „Gräfin Mariza“ überhaupt erst begonnen.

Augenzwinkern wäre schön

Allerdings muss man sich zunächst hineinhören, wenn Vogt Melodien von Robert Stolz und Franz Lehár wie „Dein ist mein ganzes Herz“ und „Im Prater blüh’n wieder die Bäume“ anstimmt. Der Tenor führt seine Stimme hier anders als im Heldenfach; er setzt Linie vor Artikulation. Ihm geht es darum, die strahlenden Lichter und die beweglichen Farben der Arien auszukosten. Das geht zwangsläufig auf Kosten der Textbehandlung. Den Lohengrin kann Vogt so verständlich wie kein anderer singen – bei den Operetten lässt die sprachliche Umsetzung zu wünschen übrig.

Auch in einem zweiten Punkt muss der Musikfreund umdenken. Denn Klaus Florian Vogt stellt sich nicht in die Reihe von Operetten-Stars wie Richard Tauber, die Liebesschmerz und Kehlenschmelz stets mit einem Augenzwinkern verbunden haben, mit einem lässigen Charme, der sagt: So ernst ist das doch alles gar nicht gemeint, und liebst du mich heute nicht, liebe ich morgen eine andere.

Nur beim „Phantom der Oper“ klappt’s

Diese versteckte Selbstironisierung ist überhaupt nicht die Sache von Klaus Florian Vogt. Er nähert sich den Operettenklassikern wie ein Junge seiner ersten Verabredung mit einem Mädchen: voller Herzensfeuer, aber auch ein wenig naiv. Ein reines Operetten-Album von Klaus Florian Vogt bleibt gleichwohl ein Wunsch vieler Fans. Bei „Favorites“ überzeugt gerade die Koppelung von Operette und Musical nicht, was weniger an der Qualität des Interpreten liegt.

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Anders ausgedrückt: Nach „Grüß mir mein Wien“ fällt erst richtig auf, wie sehr die hier ausgewählten Titel aus der „West Side Story“, „Les Misérables“ und „Anthem“ von ABBA kompositorisch abfallen. Nur bei „Musik der Nacht“ aus dem „Phantom der Oper“ kommen Tenor und Partitur gut zusammen, denn hier kann Vogt nicht nur seine sichere Höhe unter Beweis stellen, sondern auch vom Volumen her richtig aufdrehen.

Gerrit Priessnitz dirigiert das Münchner Rundfunkorchester in dieser Aufnahme merkwürdig zurückhaltend.

Klaus Florian Vogt, Favorites, Sony, ca. 17 Euro