Essen. . Zum bundesweiten Vorlesetag: Prominente erzählen von ihren liebsten Kinderbüchern – und eigenen Erfahrungen als Geschichtenerzähler.
Ein Vorlesefest soll es werden: Zum zehnten Mal ruft die "Stiftung Lesen" am Freitag zum bundesweiten Vorlesetag auf – und hofft, die Marke von 100 000 freiwilligen Bücher-Botschaftern in Schulen, Kitas und Jugendeinrichtungen zu knacken. Für uns haben sich prominente Ex-Kinder (und Eltern) an die papierenen Helden der Jugend erinnert.
Philipp Lahm, Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft
„Als kleiner Junge habe ich viel vorgelesen bekommen. Mein Lieblingsbuch war damals ganz klar der Pumuckel. Als gebürtiger Münchner ist der Bezug zu Meister Eder und seinem Kobold nochmals größer.
Selbst habe ich als Kind nicht so viel gelesen, bei mir war es immer schon der Fußball, der mein Leben bestimmt hat. Schon zu Grundschulzeiten war ich deshalb jede freie Minute auf dem Fußballplatz oder mit dem Ball auf der Straße.“
Doris Dörrie, Regisseurin und Autorin
„Vorgelesen haben mir und meinen Schwestern beide Eltern abwechselnd, jeden Abend. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir „Die kleine Hexe“, die konnte ich irgendwann von Anfang bis Ende mitsprechen.
Ich habe bald verstanden, dass das Lesen eine andere Welt eröffnet, und konnte kaum erwarten, selbst lesen zu können, um diese Welt allein und wann immer ich wollte, betreten zu können. Bis heute. Einen Tag ohne Lesen kann ich mit nicht vorstellen.“
Roland Riebeling, Schauspieler in Bochum
„Ich habe es als Kind geliebt, wenn mein Vater mir „Max und Moritz“ vorgelesen hat - in verschiedene Rollen schlüpfend und mit verstellter Stimme. Da ich selbst damals schon unglaublich verfressen war, fand ich es großartig, dass Jungs in meinem Alter sechs Hähnchen vertilgen können ohne Bauchschmerzen zu bekommen.
Lesen zu können war bewundernswert und es war eines meiner Lieblingsspiele, ohne auch nur einen Buchstaben lesen zu können, meinen Kindergartenfreunden ausgedachte Geschichten mit Buch vor der Nase „vorzulesen“. Dieses „so-tun-als-ob“ hab ich dann später zum Beruf gemacht.“
Hannelore Kraft, NRW-Ministerpräsidentin (SPD)
„Ich lese sehr gerne Christine Nöstlingers „Geschichten vom Franz“ vor – das sind mit Herz und Verstand erzählte Geschichten aus der Sicht eines Sechsjährigen. An diesen Erzählungen hatten wir immer viel Freude, wenn ich sie zu Hause oder in der Kita vorgelesen habe.“
Uschi Glas, Schauspielerin
„Es gehörte bei meinen Kindern zum Ritual, immer vor dem Einschlafen etwas vorgelesen zu bekommen. Je nach Alter waren es selbstverständlich die verschiedensten Bücher, angefangen von „Die kleine Raupe Nimmersatt“, „Na warte Schwarte“, „Der Räuber Hotzenplotz“ und natürlich alle möglichen Wissensbücher – Dinosaurier etc. oder auch erfundene Geschichten die ich erzählt habe.“
Sebastian Kehl, Kapitän von Borussia Dortmund
„Ich lese meinen beiden Kindern, Luis und Leni, sehr gerne vor. Aktuell etwa „Wo ist meine Schwester“ von dem „Petterson & Findus“-Autor Sven Nordquist. Für den Dezember habe ich mir schon ein neues Buch herausgelegt: „24 Geschichten aus der Weihnachtswerkstatt“.“
Paul Maar, Kinderbuchautor („Das Sams“)
„Meine Kindheit war geprägt durch die Kriegs- und Nachkriegszeit: Ein abwesender Vater und eine (Stief-) Mutter, die alles daran setzte, zwei Kinder gut durch diese entbehrungsreiche Zeit zu bringen. Wenn mal Geld vorhanden war, dann wurden Lebensmittel oder Kleider gekauft, aber doch keine Kinderbücher!
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Das hielt man in diesen Zeiten für einen Luxus, auf den man wohl oder übel verzichten musste. Mit anderen Worten: Niemand hat dem Kind Paul Geschichten vorgelesen. Das habe ich dann bei den eigenen Kindern nachgeholt: Mit ihnen, für sie und auch für mich las ich die Bücher, die mir in der eigenen Kindheit verwehrt waren: Die Grimmschen Märchen, Emil Kästners sämtliche Werke.
Dann kamen zeitgenössische dazu: „Jim Knopf“, „Latte Igel“, und dann ging es übergangslos zu meinen eigenen Büchern, beginnend mit „Der tätowierte Hund“. Als dieses Buch herauskam, waren meine älteren beiden Kinder sieben und fünf Jahre alt, also im besten Vorlese-Alter. Letztlich hatte ich es auch für sie geschrieben.“
Katharina Böhm, Schauspielerin
„Meine Eltern haben mir beide als Kind vorgelesen. Sehr genau erinnere mich noch an „Die Biene Maja“ und an die Libelle im Buch, die den Brummer den Kopf abbeißt. Danach mochte ich das Buch nicht mehr. Libellen mag ich bis heute nicht besonders.
Ich selbst habe es immer sehr genossen meinem Sohn Sam vorzulesen. Es waren meist Bücher für etwas ältere Kinder. Wenn die Geschichten allerdings zu gruselig wurden, habe ich sie etwas umgedichtet. So z.B. bei „Ronja Räubertochter“. Einige dieser Wesen, wie z.B. die Druden, waren wirklich zu gruselig.
Sehr gerne mochte Sam die „Tintenherz“-Bücher von Cornelia Funke. Unser Lieblingsbuch war allerdings „Mittelsturm“, ein recht schräges Fantasybuch, welches ganz zauberhaft von Mike Maurus geschrieben wurde. Es ist für Kinder ab 11 - 13 Jahre.“
Andrea Maria Schenkel, Krimi-Autorin
„Das favorisierte Vorlesebuch meiner Kinder war ein kleines Heftchen mit dem Titel „Gute Nacht habe ich gesagt, hat der Tiger gesagt“. Es war über neun Jahre fester Bestandteil unseres Abendrituals. Zuerst ein Abschnitt aus dem jeweils aktuellen Lieblingsbuch und dann kamen Max und Mia, die beiden Protagonisten des schmalen Heftchens zum Zug. 3285 mal! Meine Kinder wurden des Zuhörens nicht müde, immer und immer wieder.
Es wurde genau darauf geachtet wie die jeweiligen Passagen der Geschichte vorgetragen wurden, ob die Stimme des Tigers auch tief genug war? Etwas gekürzt oder gar weggelassen wurde? Mia sollte ein bisschen schnippisch klingen und Max tapfer und stark. Und irgendwann war dann auch diese Phase im Leben ihrer Kindheit vorüber und das Büchlein fristet heute sein Leben unbeachtet, aber unvergessen in einer der Kisten auf dem Speicher.“
Christian Tombeil, Intendant am Schauspiel Essen
„Also, mir wurde zum Beispiel „Der Kleine dicke Ritter Oblong-Fitz-Oblong“ vorgelesen. Natürlich auch alles von Otfried Preußler. Immer wieder auch klassische Märchen oder Märchen aus „1001 Nacht“. Für uns war das ein Ritual vor dem Einschlafen. Ich bin heute fest davon überzeugt, dass dies die Grundlage dafür war, selber zu lesen. Ich habe dann die üblichen Verdächtigen selber gelesen: Als da wären „Die drei ???“, „Momo“, „Die unendliche Geschichte“, „Der Herr der Ringe“ etc.
Und dann kamen auch schon die ersten Schullektüren: beispielsweise „Der Fänger im Roggen“, „1984“ von George Orwell“ und nicht zu vergessen Goethes „Die Leiden des jungen Werther“. Dass mich meine frühen Leseerfahrungen sehr geprägt haben, steht außer Frage, nicht umsonst steht Goethes 1774 erschienener Briefroman in diesem Jahr auf unserem Spielplan.“
Sissy Hoefferer, Schauspielerin („Soko Köln“)
„Mein absolutes Lieblingsbuch war „Pipi Langstrumpf“. Weil ich in der ersten Klasse nicht lesen lernen wollte, haben meine Eltern mich ausgetrickst. Ich musste die erste Seite selbst vorlesen, was damals sehr schwierig für mich war, aber ich liebte das Buch. Wenn ich das geschafft hatte, haben meine Eltern mir weiter vorgelesen. Auf die Art und Weise habe ich Lesen gelernt. Meiner Tochter habe ich anfangs sehr viele selbst erfundene Geschichten erzählt. Aber natürlich auch viel vorgelesen.
Sie liebte auch Astrid Lindgren, wie z.B. „Die Kinder aus Bullerbü“, „Ronja Räubertochter“, „Michel aus Lönneberga“ usw. Danach kam eine „Hanni und Nanni“-Phase. Sie selbst hat dann mit den „Harry Potter“-Romanen ihre ersten eigenen Leseerfahrungen gemacht.“
Horst Heldt, Schalke-Manager
„Als Kind wurde mir (leider) eher ein Ball vor die Füße geworfen als etwas vorgelesen. Als Vater mag ich es sehr, mit meiner Frau Betina unserem dreijährigen Sohn Paul vorzulesen. Im Moment liebt er die Geschichte von St. Martin. Die Geste des Mantelteilens ist seine absolute Lieblingsstelle.“