Los Angeles. . Zwölf Jahre nach ihrem letzten Album meldet sich die Sängerin, Schauspielerin und Mode-Ikone Cher musikalisch zurück. Mit ihrer neuen CD „Closer to the Truth“ will sie einmal mehr die Tanzflächen der Clubs auf der ganzen Welt erobern. Nur den Vergleich mit Lady Gaga scheut die 67-Jährige.

Mit 67 steigt Cher noch einmal in den musikalischen Ring und zelebriert ihren eigenen Mythos – dabei träumt sie eigentlich von einem Leben ohne Rummel. Marcel Anders sprach mit ihr über Clubmusik und verpasste Gelegenheiten.

Warum haben sie zwölf Jahre gebraucht, um ein neues Album zu veröffentlichen?

Cher: Im Ernst? Das hätte ich nicht gedacht. Die Wahrheit ist: Ich habe einfach vergessen, wie lange das schon her ist.

Sie vergessen Dinge?

Cher: Ja, ich tendiere dazu, Jahre, Zahlen und Namen zu vergessen. Und das schon seit längerem, was mir sehr unangenehm ist. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Warner Music ist an meinen Manager herangetreten, ob ich nicht Lust hätte, es noch einmal zu probieren. Ansonsten wäre ich nie auf den Gedanken gekommen. Ich hatte angenommen, das Abschiedsalbum wäre genau das gewesen.

Stattdessen haben sie sich für ein weiteres tanzbares Dance-Pop-Album entschieden. Wie kommt’s – geht Cher noch in Clubs?

Cher: Ich war gerade in ein paar Läden, um meine Single „Woman’s World“ vorzustellen. Aber gefallen hat mir das nicht, weil heute jeder ein Iphone oder ein anderes Telefon mit Kamera hat. Und sobald du irgendwo auftauchst, versucht jeder, ein Foto von dir zu machen – die dann meistens ziemlich grausam sind und sofort auf Twitter oder Facebook landen. Es ist nicht mehr so leicht, wie es mal war. Also, dass du mal eben in einen Club gefahren bist, getanzt hast und eine tolle Zeit hattest.

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Was Sie nicht davon abhält, den passenden Soundtrack zu liefern.

Cher: (lacht) Das Album eignet sich perfekt für Clubgänger – männlich wie weiblich. Und es sind definitiv ein paar Stücke dabei, die meine schwulen Fans lieben werden. „Dressed To Kill“ ist zum Beispiel der Klang gewordene Traum einer jeden Drag Queen. (lacht)

Wo stehen sie musikalisch? Konkurrieren sie ernsthaft mit den Lady Gagas, Katy Perrys und Rihannas dieser Welt?

Cher: Auf keinen Fall! Ich weiß, wie alt ich bin, wo ich stehe und was ich mir herausnehmen kann. Ich habe nicht vor, mich da lächerlich zu machen oder nach einem Publikum zu jagen, das gar nicht weiß, wer ich bin – weil sie einfach zu jung dafür sind. Aber ich bemühe mich natürlich, Musik zu machen, die nicht nach 67 klingt und auch reiferen Jahrgängen das Gefühl geben soll, etwas Frisches, Modernes zu hören. Das ist der Ansatz – es soll etwas Energetisches für Leute sein, die vielleicht zu alt für Lady Gaga sind, aber noch nicht zu alt zum Tanzen und Spaß haben.

Mit Moralvorstellungen haben Sie gerne kokettiert und auch Grenzen ausgelotet, oder?

Cher: Ich bin ein Modejunkie, das gebe ich offen zu. Und ich liebe es, meinen Körper, auf den ich sehr stolz bin, zu zeigen. Also anstatt mich dafür zu schämen und ihn zu verbergen, habe ich immer Outfits gemocht, die ihn betonen, die sexy sind und die zeigen, dass ich eine schöne, starke Frau bin. Denn das ist mein Kapital und klar, das nutze ich auch. Ganz abgesehen davon ist es toll, Bewunderung und neidische Blicke zu ernten. Genau wie ein bisschen Irritation. (lacht)

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Diese Mischung hat ihnen Bewunderer wie Elvis oder Marlon Brando beschert. Bedauern Sie, die Avancen zurückgewiesen zu haben?

Cher: Mhhh… Vielleicht hätte ich bei Marlon Brando nachgeben sollen. Schließlich habe ich ihn sehr gemocht. Und er war ein interessanter Mann. Aber damals hatte ich Skrupel. Ich war in einer festen Beziehung, ich hatte eine Tochter, und egal, wie oft Sonny mich betrogen hat, ich hätte es ihm nie mit gleicher Münze heimgezahlt.

Wie geht Cher mit dem Alter um?

Cher: Es ist grausam. Und deswegen arrangiere ich mich auch nicht damit. Ich kann den Prozess nicht aufhalten, auch wenn ich noch so viel dagegen tue. Aber ich akzeptiere ihn auch nicht.

Ihre Tochter Chaz ist jetzt ein Mann. Ist sie glücklich damit?

Cher: Sogar extrem glücklich. Er ist toll, eine wahnsinnig interessante und inspirierende Persönlichkeit. Was nicht zuletzt daran liegt, dass er sich wohl in seiner Haut fühlt.