Nürnberg. . Weil sie sich vom Tunnelblick befreien und ihrer Fantasie freien Lauf lassen, treffen Science-Fiction-Autoren mit ihren Zukunftsprognosen oft ins Schwarze. Ihre Vorhersagungen sind im Rückblick häufig näher an der Realität als die von ausgewiesenen Fachleuten. Das hat Bernd Flessner festgestellt, der als Zukunftsforscher an der Universität Erlangen-Nürnberg tätig ist.
Science-Fiction-Autoren treffen mit ihren Visionen die Realität nach Ansicht eines Zukunftsforschers oft besser als ausgewiesene Fachleute. "Wenn diese Experten eine Prognose abgeben, liegen sie fast immer falsch, das zeigt der Rückblick", sagte Bernd Flessner, der an der Universität Erlangen-Nürnberg lehrt. "Die haben einen Tunnelblick auf ihr aktuelles Problem. Dabei sind sie betriebsblind und wissen vor allem, was im Moment alles nicht geht." Science-Fiction-Autoren dagegen hielten sich mit Detailfragen gar nicht erst auf und hätten mehr das große Ganze im Blick.
"Die müssen immer eine komplette, in sich stimmige Welt entwerfen", erläuterte Flessner der Nachrichtenagentur dpa. Außerdem müssten sie sich nicht auf einen konkreten Zeitpunkt festlegen und könnten ihrer Fantasie bei der Erfindung neuer Technologien freien Lauf lassen - dadurch träfen sie sehr häufig ins Schwarze.
Schon vor 100 Jahren wurden Smartphones beschrieben
So haben Autoren schon vor mehr als 100 Jahren mit verblüffender Genauigkeit heutige Smartphones beschrieben. Roboter liefen in der Literatur schon auf zwei Beinen umher, als Wissenschaftler dies noch jahrzehntelang für unmöglich hielten. "Auch die virtuelle Realität, also der Cyberspace, ist schon im deutschen Kaiserreich komplett ausgeleuchtet worden", sagte Flessner - inklusive Cybersex.
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Heutige Science-Fiction-Autoren gehen laut Flessner von einer sehr starken Verschmelzung von Mensch und Maschine aus; die eingepflanzten Chips für Blinde oder Hörbehinderte seien erst der Anfang. Auch die Nanotechnologie spiele eine große Rolle. Die Fortschritte in der Gentechnik spiegelten sich in der Literatur im perfektionierten Menschen und in komplett künstlich erzeugten Lebensformen wider.
Weltraumthemen sind Flessner zufolge ein Dauerbrenner, der vom Menschen verschuldete Weltuntergang wird ebenfalls immer wieder beschworen. Und es werde die auch in der Wissenschaft gestellte Frage diskutiert, was passiert, wenn unsere Computer ein Bewusstsein erlangen werden. Ist einfach abschalten dann ethisch noch vertretbar? (dpa)