Düsseldorf. . An der Düsseldorf Komödie feierte die Geschichte „Ziemlich beste Freunde“, die im letzten Jahr allein in Deutschland neun Millionen Menschen in die Kinos lockte, ihre Erstaufführung als anrührendes Kammerspiel. Präsentiert wird ein gekonnt reduziertes Stück, das nicht auf die Tränendrüse drückt.
Einem Menschen wie Monsieur kann man es nicht recht machen. Auf Mitleid reagiert er allergisch – wobei er dringend Hilfe braucht. Zig Pfleger hat der querschnittsgelähmte Adlige verschlissen, und auch der neue Kandidat hat keine Chance. „Ich liebe behinderte Menschen!“, schnurrt der brave Kerl im Karosakko. Da kommt der junge Driss anders daher. Wiegeschritt, Kapuzenshirt: „Jo, Mann, da bin ich!“
Wie aus dem zickigen Philippe Pozzo di Borgo, Tetraplegiker seit einem Sportunfall, und dem nassforschen Ex-Knacki Driss „Ziemlich beste Freunde“ wurden, erlebten allein in Deutschland neun Millionen Kinobesucher. Ganz so viele wird die Düsseldorfer Komödie nicht empfangen können. Wobei sie es verdient hätte.
Die Inszenierung, die jetzt die Erstaufführung feierte, ist ein gelungenes Kammerspiel, das gar nicht versucht, den französischen Film zu imitieren oder gar zu übertrumpfen. Regisseurin Pia Hänggi erzählt eine kleine feine Geschichte über die Freundschaft: anrührend, diskret und herzerwärmend.
„Er ist mein Schutzteufel“
Das Lampenfieber dürfte riesig gewesen sein. Noch vor Berlin gelang es den Theaterleitern Helmut Fuschl/Paul Haizmann, sich die Aufführungsrechte zu sichern. Obendrein saß wohl kaum jemand im Theater, der den Film nicht gesehen hat. Er entstand 2011 aus der Autobiografie des ehemaligen Pommery-Chefs Pozzo di Borgo und wurde zu einem Kinoereignis, mit dem es das Theater kaum aufnehmen kann. Versucht hat es der Theatermann Gunnar Dreßler, der den Stoff dramatisierte.
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Präsentiert wird ein gekonnt reduziertes Stück, das weder protzig ist noch plump und auch nicht auf die Tränendrüse drückt, obwohl die Gefahr gewaltig ist. Philippe ist vom Hals abwärts gelähmt. Er hat seine Frau verloren und jeden Lebensmut. Eine Herausforderung für den Algerier Driss, der eigentlich nur eine Unterschrift als Beleg für das Arbeitsamt will und es schafft, Philippe das Lachen zurückzugeben. Monsieur tunt seinen Rolli hoch auf 12 km/h. Er lässt sich von Nutten die Ohren knutschen und von Driss zu Snoop Doggy Dogg herumschwenken. „Er ist mein Schutzteufel“, sagt er.
Der Schalk in den Augen
Sigmar Solbach als Philippe gelingt das Kunststück eines 90-minütigen Mienenspiels. Arme und Beine darf er nicht bewegen, ihm sitzen der Schalk in den Augen und die Güte in den Mundwinkeln. Als kleines Ereignis entpuppt sich Peter Marton als Driss. Rührend, wie er Monsieur tröstet – um ihm kurz drauf eine Lehrstunde für die Erziehung seiner Tochter zu erteilen: „Ich würde ihr gern eine knallen! Sie, Monsieur, können Sie ja höchstens überfahren!“
Und so ist es ein kluger Abend mit Witz und Groove (dank John Coltranes Sound), der von Freundschaft und Lebensfreude erzählt, ohne allzu viele Worte zu machen. Das kann die Bühne, und das ist eine Kunst für sich.