Frankfurt. Konzertveranstalter sind nicht unbedingt die Menschen, die dem breiten Publikum bekannt sein dürften. Fritz Rau war da eine Ausnahme, weil er fast jeden internationalen Star nach Deutschland geholt hat und auch, weil er die Öffentlichkeit suchte. Am Dienstag ist er mit 83 Jahren gestorben.
Mick Jagger und Keith Richards hat er mal aus der Halle geschmissen. Worauf Jagger ihn übel beschimpfte. Trotzdem hat der Stones-Sänger anschließend über 40 Jahre stets am 9. März zum Telefon gegriffen und ihm zum Geburtstag angerufen. Weil er wusste, was er hat an Fritz Rau. Nächstes Jahr wird das Telefon schweigen. Fritz Rau, Deutschlands wohl bekanntester Konzertveranstalter, ist im Alter von 83 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben.
"Wie ein Vater" sei er gewesen
Led Zeppelin, Queen, die Rolling Stones, Abba, Michael Jackson und Madonna. Udo Jürgens, Udo Lindenberg und Peter Maffay. Wahrscheinlich wäre es einfacher aufzuschreiben, wen er im Laufe der Zeit nicht irgendwann einmal auf eine deutsche Bühne geholt hat. Wenn Rau rief, kamen die Stars. "Er war kein Zocker, der die Leute über den Tisch zieht, keiner von denen, die einen Künstler nur melken wollen", erinnert sich Peter Maffay an ihn. Rau habe sich "tatsächlich für seine Künstler interessiert". Was die ihm nicht vergessen. "Wie ein Vater", sei Rau für ihn gewesen, sagt Maffay und Mick Jagger nannte ihn seinen "Godfather", seinen Paten. Nicht schlecht für einen jungen Mann, der in den 1950er Jahren eigentlich Anwalt werden will.
Kein Tag ohne Musik
Doch da ist noch die Musik. "Ein Tag ohne Musik wäre ein verlorener Tag", hat Rau später oft gesagt. Mitte der 1950er Jahre organisiert er erste Jazz-Konzerte, zusammen mit Horst Lippmann kommen später auch Pop- und Rock-Konzerte dazu. Und aus vielen Engagements werden Freundschaften. Marlene Dietrich schmiert ihm mal die fiebrige Brust mit Erkältungssalbe ein. Jimi Hendrix sitzt zwischen zwei Konzerten auch schon mal bei Rau zu Hause auf dem Sofa und futtert Käsekuchen.
Sehr freundlich und sehr leise
Rau konnte Dutzende von solchen Geschichten erzählen und hat das oft auch getan. Nie protzend, aber stets unterhaltsam. Gerne in kleiner Runde nach einem guten Essen in einem verschwiegenen Restaurant. Kurz nachdem er wieder eine neue Sensationstournee angekündigt hatte. Mit freundlichen Augen hinter einer großen Brille saß er dann da, immer etwas wirr das ergraute Haar und meist mit breiten Hosenträgern, die unterm Glencheck-Jackett hervorlugten. Wie ein netter alter Herr, der sich an früher erinnert. Sehr freundlich und sehr leise.
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Doch das täuscht. Der Sohn eines Schmieds ist einer der härtesten Verhandlungspartner der Branche und schon Workaholic, bevor dieses Wort in Mode kommt. Ein Perfektionist, der stets alles gibt. "Er schläft nie. Er überlebt bei Bier, Schnitzeln und Gugelhupf", hat Joan Baez mal über ihn gesagt. Allerdings erwartet er, dass seine Mitarbeiter das ähnlich machen.
Herzblut, Angstschweiß und Freudentränen
Wird diese Erwartung enttäuscht, kann Rau laut werden. Sehr laut. "Ayatollah Choleri" nennen ihn viele, die länger mit ihm zusammengearbeitet haben, bevor er sich 2004 aus dem Geschäft zurückzieht. Aber faulenzen ist so gar nichts für Rau. Deshalb setzt er sich hin und schreibt seine Memoiren, die zwei Jahre später unter dem Titel "50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters" erscheinen.
Rau selbst hat sich seinen lang andauernden Erfolg mal so erklärt. "Mein Motto war nie Sex, Drugs and Rock’n’Roll, sondern immer Blood, Sweat and Tears. Also Herzblut, Angstschweiß und Freudentränen. Das hat mich wohl über die Zeit gerettet."