Berlin. . Urlaub machen gehörte schon immer zum beliebtesten Zeitvertreib nicht nur der Deutschen. Eine Ausstellung mit historischen Plakaten aus dem Eigenbesitz des Deutschen Historischen Museums in Berlin zeigt jetzt, mit wieviel Farbe und Ideenreichtum das Fernweh geschürt wurde.
Kein Stau weit und breit – damit fängt es schon mal an: eine vierspurige Autobahn, leer bis zum Horizont. Wäre da nicht der Zeppelin mit dem Hakenkreuz am Heck, es wäre die Paradiesvision aller Urlauber, die spätestens am Ende der Sommerferien wieder im Stau stehen. Das Deutsche Historische Museum in Berlin zeigt derzeit mit seiner Sammlung alter Reiseplakate, dass die Versprechen der Tourismusbranche fast so alt sind wie die Reiseträume selbst.
Tapetenwechsel tut gut. Im Urlaub wollen die Deutschen am liebsten ans Meer oder in die Berge, dazu ein paar schöne alte Städte sehen – aber das Ganze bitte nicht zu teuer. Seit beinahe hundert Jahren verspricht die Werbung den Reisenden deswegen in der Regel immer wieder dasselbe: alles schön stressfrei und sonnig. Mit mühsamen Touren, unbequemen Nächten, Nebel und Nieselregen werben bis heute nur Hersteller von Outdoorjacken.
Mit 50 Pfennig in die UdSSR
Man muss sich’s bloß leisten können. Schon 1930 versprechen die Werber deswegen „Billige Mittelmeerreisen“. In den 50er-Jahren lockt die DDR ihre Bürger per Reiselotterie „Mit 50 Pfennig in die Sowjetunion“. Im Westen grassiert derweil Witzigkeit: Im Winter kriegt man „Viel Schnee für wenig Pulver“, im Sommer „Kreuzfahrten zu Tretbootpreisen“.
Während es heute zum Wellness-Wochenende in die nächste Therme geht, fuhr man früher zum Kuren nach Bad Soundso. Doch gerade dort, wo eigentlich Entspannung das Ziel ist, plustert sich die Werbung gewaltig auf: Die Heilquellen in den böhmischen Kurorten haben schon zu Beginn des Jahrhunderts „Tausende und Abertausende“ gesund gemacht, das sächsische Brambach hat das „stärkste Radium-Mineralbad der Welt“ und nach Schlesien geht’s bitte nicht irgendwann im Jahr, sondern: „Besucht Bad Altheide im Herbst!“ Nur hier und da säuselt es auf einmal ganz sanft: „Würzburg – Kleinod du im Frankenlande“.
37 Millionen Urlaubsreisen
Die Reisewerbung der NS-Zeit dagegen klingt heute wie ein schlechter Witz: „Mit der Reichsbahn in den Deutschen Winter“ (1935) oder „Mit der Reichsbahn durch das fröhliche Deutschland“ (1937). Vier Jahre vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris werben die Touristiker ausgerechnet in Frankreich für „L’Alle-magne – Le pays de la musique“. Bis Kriegsbeginn verkauft die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ 37 Millionen Urlaubsreisen. Wanderungen, Städtereisen, aber auch Kreuzfahrten nach Norwegen und durchs Mittelmeer.
„Garantiereisen“ durch die DDR
Der Ton der Werber ändert sich mit der Zeit. Brüllt die Reichsbahn 1932 noch „Kauft das amtliche Reichs-Kursbuch!“, flötet die Deutsche Bahn 1969 in psychedelischen Farben „Die neuen Kursbücher sind da!“ Kein Wort über Stress, Staus, Wartezeiten. Aber viele Versprechen: Die Franzosen übersetzen nach dem Krieg ihr revolutionäres Credo „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ in ein Kundenversprechen: „Schnelligkeit. Pünktlichkeit. Bequemlichkeit.“ Auch das Reisebüro der DDR wirbt 1975 für „Garantiereisen“ durchs eigene Land. Aber wer glaubt sowas schon. Die Konsumgenossenschaft jedenfalls hebt zur Sicherheit mahnend den Zeigefinger: „Sommerurlaub gut vorbereiten – schöner erleben“. Ist ja was dran.