Bochum. Generalthema bei der diesjährigen Ruhrtriennale sind Spiritualität, Kunst und Religion. 30 Produktionen sind vorgesehen mit teils prominenten Gästen. Der Vorverkauf ist eröffnet.
Nach dem gravitätisch-weihevollen Gerard Mortier und dem launig-jovialen Jürgen Flimm hat nun also Willy Decker Premiere als Intendant der Ruhrtriennale: ein Gründler, kein Show-Mann, ein Unterflächlicher, der gleichwohl hoch hinaus will. Decker erläuterte gestern das bisher wohl geschlossenste Konzept der mittlerweile etablierten Industriehallen-Festspiele. „Urmomente” ist der Zentralbegriff für die Spielzeiten 2009, 2010 und 2011, und diese Urmomente sind nach Deckers Worten genau jene, die „zwischen den Worten” liegen, „Momente der Transzendenz”, des Unsagbaren, göttliche Momente der Inspiration, in denen nach seiner Schau Religion und Kunst gleichermaßen geboren werden. „Aufbruch” ist das Motto der ersten Spielzeit mit 80 Vorstellungen und 30 Produktionen in Bochum, Essen, Duisburg und Gladbeck, die am 15. August (an Maria Himmelfahrt) beginnen wird. Sie soll sich mit den drei nichtchristlichen Weltreligionen auseinandersetzen, die unter den Leitgedanken „Aufbruch” (Judentum, 2009), „Wanderung” (Islam, 2010) und „Ankunft” (Buddhismus, 2011) in einen künstlerischen Dialog treten sollen.
Decker selbst will vor zwei Jahren im Meidericher Hüttenwerk bei der Inszenierung von „Le vin herbe´” ein Damaskus-Erlebnis gehabt haben, als er in der einstigen Kraftzentrale noch die Energien „nachzittern” spürte und Lust und Mut fasste, es als Intendant wie als Regisseur mit diesen Raum-Kräften aufzunehmen.
Moses und Aron
Verstecken will er sich jedenfalls nicht, im Gegenteil. Decker kündigte mit der Inszenierung von Arnold Schönbergs Zwölfton-Oper „Moses und Aaron” nicht nur ein Werk an, das den „absoluten Gottesgedanken” wie kein zweites reflektiere, sondern zugleich „ein gigantisches Unterfangen”, den größten Triennale-Brocken der letzten Jahre – in der großen Jahrhunderthalle, „mit zwölf Solisten, einem Chor von 100 Sängerinnen und Sängern sowie einem Orchester von fast 100 Musikerinnen und Musikern”. Dass er damit im Sinn hat, sogar die weltweit erfolgreichen „Soldaten” der Flimm-Ära zu übertreffen, scheint ihn genauso wenig anzufechten wie die Befürchtung, die Triennale könnte in ein religionswissenschaftliches Kolloquium ausarten. Nein, er will durchaus ein aufregendes, sinnliches Kunstfest präsentieren, und die Mitstreiter, die er dabei nennt, lassen darauf hoffen: Andrea Breth soll mit Heinrich von Kleists „Zerbrochenem Krug” ein zweites Highlight auf Zollverein strahlen lassen.
Im Triennale-Revier darf man sich auf etliche Uraufführungen und Kreationen freuen, auf des ewigen Johan Simons „Hiob” etwa, mit dem die Münchner Kammerspiele antreten: Mimen wie Traugott Buhre, Edith Clever oder Martin Wuttke dürften ebenso für Auftrieb sorgen wie die Autoren Amos Oz oder Mirjam Pressler; Anna Netrebko wird mit dem Tenor Massimo Giordano die Jahrhunderthalle füllen, Marianne Faithful, Iggy Pop und Los Lobos-Sänger David Hidalgo garantieren Konzert-Unikate in der Century of Song-Reihe, die Decker klugerweise fortführt. Dass heutzutage ein anspruchsvolles und nur in Maßen volkstümliches Programm den Ruhm eines Festivals eher zementiert als schmälert, scheint man einkalkuliert zu haben. Und an das neue Logo wird man sich gewöhnen. (J.B./NRZ)