Düsseldorf. Beim Internationalen Tanzkongress in Düsseldorf wird nicht nur getanzt. Es geht auch um Politik, ums Internet, um das Altwerden und um Kampfsport. Es geht indes nicht um eine Leistungsschau, vielmehr wird Düsseldorf drei Tage zu einer Art künstlerischem Arbeitslabor: Tanz in all seinen Facetten.

Tanz hat an den Bühnen in Deutschland zumeist nicht den gleichen Stellenwert wie Schauspiel oder Oper. Wenn gespart werden muss, wird der Rotstift oft als erstes beim Tanz angesetzt. Der Internationale Tanzkongress in Düsseldorf vom 6. bis 9. Juni mit Referenten aus aller Welt will zeigen, wie wichtig Tanz in der Gesellschaft ist.

Dabei geht es nicht um eine Leistungsschau - wobei natürlich auch einige spektakuläre Aufführungen gezeigt werden. Vielmehr wird die NRW-Landeshauptstadt drei Tage zu einer Art künstlerischem Arbeitslabor, in dem Tänzer, Choreographen, Vertreter staatlicher Bühnen und der freien Szene, aber auch Wissenschaftler, Mediziner und Funktionäre Tanz in all seinen Facetten diskutieren - vom eher trockenen Urheberrecht bis zur politischen Sprengkraft des Tanzes.

Referenten aus allen Teilen der Welt

«Einen vergleichbaren Kongress gibt es in anderen Ländern nicht», sagt die künstlerische Leiterin Sabine Gehm. Die Referenten kommen aus allen Teilen der Welt, aus den USA, Europa, dem Pazifikraum und Afrika. Koryphäen wie die Choreographen William Forsythe oder Martin Schläpfer geben Einblick in ihre Arbeit.

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Als erfolgreicher Düsseldorfer Ballettdirektor präsentiert Schläpfer das klassische Repertoire, leistet aber mit Uraufführungen auch einen Beitrag zum zeitgenössischen Tanz. Forsythe entwickelt derzeit in seinem Forschungsprojekt «Motion Bank» digitale Online-Partituren von Choreographien. Beim Tanzkongress wird die Arbeit vorgestellt.

Tradition reicht bis in die 20er Jahre

Ein kubistisches Ballett aus den 20er Jahren, das einst der Avantgarde-Maler Fernand Léger mitentwickelt hatte, wird zur Eröffnung des Kongresses aufgeführt. Ein kongolesischer Choreograph hat dieses sogenannte «Ballet nègre» rekonstruiert und ist den Nachwirkungen des Kolonialismus auf unsere heutigen Körperbilder auf der Spur.

Die Tradition des Tanzkongresses, der nach Berlin und Hamburg zum dritten Mal seit 2006 veranstaltet wird, geht nach Angaben Gehms zurück in die 20er Jahre. Das Forum wurde bereits in einer Zeit, als die Avantgarde die bildende und darstellende Kunst revolutionierte, gegründet. Rund 100 Jahre sind vergangen, seit in Paris die «Ballets Russes» von Sergej Djaghilew mit ihrem modernen Tanz in Paris Skandale auslösten.

Wie Tanz archiviert werden soll

Beim Tanzkongress wird zum Beispiel auch diskutiert, wie Tanz für die Nachwelt archiviert wird und wie es in Zeiten des Internets eigentlich mit dem Urheberrecht aussieht. Wie wichtig diese Themen sind, wurde spätestens seit dem plötzlichen Tod der legendären Wuppertaler Choreographin Pina Bausch 2009 klar. Das Tanztheater zieht mit Bausch-Choreographien aus 40 Jahren erfolgreich um die Welt. Die Tänzer sind teilweise seit Jahrzehnten dabei und haben mit Bausch zusammengearbeitet.

Noch werden die Bewegungen in der Bausch-Comapgnie «von Tänzer zu Tänzer» weitergegeben. Doch auch die Tänzer werden älter. «Tanz verbindet man mit dem perfekten jungen Körper», sagt Gehm. In der westlichen Welt ist die Karriere eines klassischen Balletttänzers mit Mitte 30 oft vorbei. Bei Pina Bausch tanzen dagegen auch noch 60-Jährige. In der japanischen Tanzästhetik - ebenfalls ein Thema des Kongresses - genießen auch professionelle Tänzer über 80 noch ein hohes Ansehen. (dpa)