Malmö. Erneut kommentiert Peter Urban das Finale des Eurovision Song Contest (ESC) für die ARD-Zuschauer. Für seine Arbeit hinter dem Mikrofon hofft er auf skurrile Beiträge - und wenige Treppen. Zudem verrät er das Erfolgsgeheimnis der ESC-Siegertitel: “Eindeutiges Zeichen für einen guten Song ist immer, dass er eine sehr eingängige Melodie hat“.

Er ist "die deutsche Stimme des Eurovision Song Contest" (ESC) - und bis zum entscheidenden Abend immer noch ein bisschen auf der Suche. Moderator Peter Urban wird beim ESC in Malmö am 18. Mai das Finale des Wettbewerbs für die ARD-Zuschauer live kommentieren, bereits zum 16. Mal. Ironie und Wortwitz sind Markenzeichen des in Hamburg lebenden Musikjournalisten, manche Kandidaten liefern ihm dafür perfektes Material.

Der ESC-Jahrgang 2013 sei musikalisch betrachtet ein guter, sagt der 65-Jährige. Viele, "fast zu viele Balladen" gehen an den Start. "Aber auch wirklich sehr gute Balladen, so dass die Gefahr besteht, dass gute und auch gut gesungene Balladen dabei untergehen könnten", erklärt er. Dafür schicken die Teilnehmerländer nicht so viele Tanznummern ins Rennen um die ESC-Krone. "Daher stechen die, die es gibt, auch meistens heraus", betont der Experte.

"Dazu gibt es noch die üblichen Skurrilitäten, Dinge, die dann auch für den Kommentator quasi notwendig sind, um auch ein paar ironische Sachen sagen zu können", erzählt Urban. "Wenn alle nur perfekt sind, habe ich nicht viel zu sagen." Der Rap-Beitrag aus Montenegro etwa sei "schon sehr interessant", auch die Mischung aus Rock und Klassik aus Albanien "hat etwas". "Aber insgesamt bin ich in diesem Punkt diesmal noch ein bisschen auf der Suche", sagt er.

Lena sicherte sich ESC-Sieg zu 50 Prozent mit Charisma

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Kennt er, der seine Doktorarbeit 1977 der "Poesie des Rock" widmete, das Rezept für den Siegertitel? "Eindeutiges Zeichen für einen guten Song ist immer, dass er eine sehr eingängige Melodie hat, dass er irgendein Gefühl hervorruft, dass er im Bauch oder Herzen irgendetwas bewirkt", erklärt er. "Reine Kopfgeburten, kalkulierte Dinge können nicht gewinnen. Und es kommt natürlich schon auf die Ausstrahlung des Künstlers an."

Lena etwa, die 28 Jahre nach Nicoles Grand-Prix-Triumph den Titel 2010 wieder nach Deutschland holte, habe sich den Sieg "wenigstens zu 50 Prozent" mit ihrem Charisma gesichert, "da sie ganz ohne große Show auf der Bühne stand und einfach da war". Urban: "Ich weiß nicht, ob der Song alleine gewonnen hätte." Bei Vorjahressiegerin Loreen aus Schweden zum Beispiel sei alles zusammengekommen. "Performance, Choreographie, das Bild und die Musik - alles war perfekt."

Fest steht für den Musikredakteur: "Ein Siegertitel muss Stimmen aus ganz Europa bekommen, Punkte zum Beispiel nur aus Ost- oder Nordeuropa reichen nicht - es muss immer von überall etwas kommen, mindestens mittlere Punktzahlen." Seit den 60er Jahren verfolge er den ESC. "Aber ich bin nicht der absolut wahnsinnige Fan, der jede Einzelheit kennt und für den das das ganze Leben bedeutet", sagt er.

Seit 1997 fehlte Urban nur einmal beim Eurovision Song Contest

ESCSeit 1997 konnte er nur ein Mal - 2009 - wegen einer Operation den ESC nicht für die TV-Zuschauer kommentieren, sondern lag im Krankenhaus. "Das war furchtbar! Wenn man sonst so eng dabei ist, leidet man auch mit. Außerdem war das damals kein Glanzjahr für die deutsche ESC-Geschichte", erinnert er sich an den Abend, als Deutschland mit "Miss Kiss Kiss Bang" auf dem 20. Platz landete.

Nach mehreren Hüft-Operationen hofft Urban vor jeder Reise ins ESC-Land, dass es in der dortigen Halle nicht so viele Treppen, dafür aber Aufzüge gibt. "Verlassen kann ich meinen Platz nur in solchen Momenten wie etwa dem Schnelldurchlauf aller Beiträge, dann habe ich so etwa vier bis fünf Minuten Zeit", erzählt er. "In manchen Jahren reichte das allerdings kaum, um die Toiletten aufzusuchen, die in einem ganz anderen Stockwerk waren."

Ähnlich sieht es mit der Verpflegung aus. "Wenn man da oben in der meist sehr hoch gelegenen Kabine sitzt, muss man immer versuchen, sich das Essen irgendwie hochbringen zu lassen oder sich schnell im Pressezentrum zu holen. Das Thema ist leider ein leidiges." An einen Abschied vom Kommentatorenplatz denkt er nicht. "Einen Plan gibt es da nicht, ich mache das sehr gerne noch ein paar Jahre weiter. Ich glaube auch nicht, dass das vom Alter abhängt." (dpa)