Gangstas Paradise. . Auspuffvergleich am Tanzboden: Das neue Album von Snoop Lion (früher Snoop Dog) heißt „Reincarnated“ und tut so, als würde es Reggae bieten. Am besten ist es aber da, wo es zum Dancehall überschwenkt: Da ist er zu Hause und entfaltet seinen Shizzle-Dizzle-Charme.

Tja, was ist davon zu halten, wenn ein weltbekannter Zuhälter plötzlich als Bekehrter auftritt? Vom Saulus zum Paulus und vom Snoopus zum Feliden. Snoop Lion (besser bekannt als Dogg) fühlt sich neurdings „Reincarnated“ (Sony, 10,99 Euro, 16 Lieder) und macht Reggae statt Rap. Und in diesem Fall ist es ausnahmsweise mal nicht möglich, die Musik getrennt vom Image zu betrachten. Weil Snoop Lion sich als Gesamtpaket verkauft und weil Roots-Reggae die vielleicht letzte Musikrichtung auf Erden ist, die eine durchgängig moralische Haltung einnimmt.

Nach unten gibt es keine Ausreißer

Was da aus den Boxen wummert? Natürlich brutalstprofessionell produzierter Sound. Kein A-la-la-la-long-Sunshine-Reggae (auch wenn die erste Single „La la la“ hieß), das ist formell schon der echte Roots und Dancehall. „Reincarnated“ ist ein Album zum Durchhören, nach unten gibt es keine Ausreißer. Ein neuer Klassiker des Genres findet sich aber auch nicht.

Gut möglich, dass jemand bei dem Tanzbodenstück „Smoke the weed“ oder dem hymnischen „No guns allowed“ Ohrwürmer züchtet, aber das werden wohl eher kurzlebige Exemplare sein.

Es sind noch many rivers to cross

Am besten ist das Album da, wo Snoop Dancehall macht oder gar klassischen Hip-Hop wie bei „Lighters Up“. Da ist er zu Hause und entfaltet seinen Shizzle-Dizzle-Charme, in den Rootsharmonien klingt seine Stimme austauschbar. Von den Texten brauchen wir nicht zu reden. Was diesem Album schlicht abgeht, ist: Originalität.

Man könnte auch sagen: Es fehlt die Seele. Und so bleibt der Eindruck, dass Snoop hier ein Fun-Projekt verwirklicht, mit dem er nebenbei ein paar Kröten macht. Dass er sich einen weiteren Charakter in den Kleiderschrank hängt, so wie sich Madonna einen Country-Hut aufsetzt. Echten Spaß wird er schon dabei haben, und seine Homeboys werden amüsiert zuschauen. Aber für alle Roots-Freunde wird Snoop Lion die schlecht getarnte Inkarnation Babylons bleiben – das Gegenteil dessen, wofür Roots steht: Kommerz, Auspuffvergleich, der ganze Gangsta-Shit. Bevor Snoop diese Szene überzeugt, sind noch many rivers to cross.