Essen.
Bei diesem Roman ist das Nachwort eines der wichtigsten Kapitel. Mo Yan, der umstrittene Literaturnobelpreisträger des vergangenen Jahres, beleuchtet in „Frösche“ die nun schon 30 Jahre währende Ein-Kind-Politik in China. Und er macht es, wie ein Romancier seit Victor Hugo das so macht: Er wägt das Für und Wider aus verschiedenen Perspektiven – und entwickelt sie an einem menschlichen Schicksal entlang.
Es ist das Drama der parteitreuen Hebamme Gugu, die als erste Geburtshelferin eine westliche Ausbildung erhielt. Sie macht sich zum Werkzeug der Partei, ringt Zweifel nieder und beteiligt sich an Abtreibungen und an Verhütungs-Schulungen (daher rührt der Titel des Romans: in China herrschte lange der Aberglaube, dass es Kinder verhüten helfe, wenn Liebespaare vorsorglich 14 Kaulquappen schluckten).
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Im Rückblick auf ihr Leben aber überfallen die Hebamme und Engelmacherin Gugu Zweifel, Schuldgefühle, Alpträume. Mo Yan erzählt das durchaus mit Komik und mit jenen flirrenden Unsicherheiten, die andernorts „Magischer Realismus“ heißen.
Nein, ein flammendes Pamphlet ist dieser farbenreiche und sehr chinesische Roman (die Übersetzerin Martina Hasse hängt ihm fünf Seiten Erläuterungen an) nicht. Aber: Er stellt ein Dogma der Staatsmacht in Frage, mit doppelter Betonung; denn die Frau des Mannes, der uns den Roman erzählt, starb bei einer Abtreibung. In dieser Gegenüberstellung von individueller Schuld und staatlicher Entscheidung steckt auch ein Stück Systemkritik, für deren angeblichen Mangel Mo Yan oft gescholten wurde. Im Nachwort des Romans, das 2009 entstand, macht er deutlich, in welchem Zwiespalt Autoren im heutigen China stecken, die entweder staatlicherseits oder von Dissidenten angegriffen werden. So könnte dieses Buch vor Pauschalurteilen bewahren – über die Ein-Kind-Politik und auch über Mo Yan.