Dortmund. Wagners Oper historisch auf alten Instrumenten, etwa mit „konisch statt zylindrisch gebohrten“ Flöten. Doch auch starke Solisten wie Angela Denoke helfen nicht über Thomas Hengelbrocks mäßig inspirierte Deutung des Dramas hinweg. Aufführungen in Essen und Madrid nach der Premiere in Dortmund.

Großes kündigte sich zum Anbruch des Wagner-Jahres an: Der „Parsifal“, das sakrosankte „Bühnenweihfestspiel“ des Meisters auf Originalinstrumenten wie anno 1882. Thomas Hengelbrock, der bei seinem einzigen Bayreuther Ausflug den „Tannhäuser“ frisch durchlüftete, glaubt, der Klangästhetik Wagners damit näherkommen und die magische Wirkung verstärken zu können. Nach dem Auftakt im ausverkauften Dortmunder Konzerthaus (Aufführungen in Essen und Madrid folgen) steht fest: Die Aufführungsgeschichte des „Parsifal“ muss nicht neu geschrieben werden.

Hengelbrock verwendet „konisch statt zylindrisch gebohrte“ Flöten, Oboen deutscher Bauart (wie die Wiener Philharmoniker), ein Horn mit F- und B-Bogen und lässt die Streicher sparsam vibrieren. Eine Batterie mächtiger Java- und Thai-Gongs für das Tempelgeläut, die Wagner nicht zur Verfügung standen, machen nicht nur optisch Eindruck, sondern übertönen gleich das Blech im gewaltigen Trauermarsch.

Konisch oder zylindrisch: In einer konzertanten Aufführung mit dem Orchester auf offener Bühne sind solche Feinheiten kaum nachzuvollziehen. Wagners Vision eines idealen Mischklangs, die er nur in Bayreuth realisieren konnte, wird konterkariert. Bei jedem Höhepunkt kommt es auf der Bühne zu dem gewohnten blechlastigen Tumult, den Wagner vermeiden wollte.

Magie wird kaum verstärkt

Und wie sollen ein paar ungewohnte Instrumente die Magie verstärken, wenn Hengelbrock, nur mäßig inspiriert, im Eiltempo durch die Partitur hetzt? Für den ersten Akt braucht er 95 Minuten (also zehn Minuten weniger als Boulez und sogar 40 weniger als Toscanini). Aus den Gralsszenen fegt er nicht nur das letzte Weihrauch-Lüftchen hinweg, sondern zugleich jede kontemplative Ruhe und Ausgeglichenheit. Unter die Haut geht da nichts.

Das Publikum wird per Einblendung, päpstlicher als Wagner und Bayreuth, aufgefordert, nach dem ersten Akt nicht zu applaudieren. Dass das Werk damit über die Hintertür zum Hochamt stilisiert wird, entbehrt nicht der Komik.

Schade angesichts der exzellenten Solisten-Riege und des hoch engagierten, erfreulich jung besetzten Orchesters und Chors des Balthasar-Neumann-Ensembles, das Hengelbrock vor allem mit alter Musik zu großen Erfolgen geführt hat. Angela Denoke als glänzende Kundry und Johannes Martin Kränzle als ebenbürtiger Klingsor könnten den Bayreuther „Parsifal“ vokal auffrischen, Matthias Görne verkörpert einen intensiv leidenden Amfortas und Frank van Hove einen hell timbrierten Gurnemanz mit glänzender Diktion. Simon O‘Neill als Parsifal kann mit seinen engen Höhen nur bedingt überzeugen. Ein Sonderlob für den Knabenchor der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund. Begeisterter Beifall für einen „Parsifal“ im Dauerlauf.

Am Samstag, 26. Januar, 16 Uhr wird das Ereignis in der Essener Philharmonie wiederholt. Restkarten Tel. 0201-8122200