Essen. Die Wiederkehr der Krimi-Damen: Doris Gercke lässt ihre Heldin Bella Block wieder ermitteln und bleibt ein wenig unter dem, was wir als ihre Normalform kennen gelernt haben. Und Asa Larsson schickt ihr Schweden-Duo in einen ganz besonderen Fall, in dem Bären, Hände und Hunde eine gewisse Rolle spielen.

Zwei Erfolgsautorinnen in Sachen Mord und Totschlag melden sich zurück. Durchs Fernsehen unschlagbar populär die eine: Doris Gercke samt Bella Block. Längst mehr als ein heißer Insidertipp die andere: Asa Larsson.

Wann hat eine handfeste Bärenjagd einen Krimi unsererTage eröffnet? Was für ein Auftakt: bedrohlich, temporeich, nervös, angstfiebrig. Aber was hat das Tier mit einer Reihe unerklärlicher Unfälle zu schaffen? Es gibt, Verzeihung, Pfötchen: Im Magen des Bären wird eine Hand gefunden. Das kommt vor im waldreichen Norden. Aber dann hören die cleveren Frauen, die Asa Larsson seit Jahren Lunte riechen lässt, nicht auf, an keinen typischen Jagd-Unfall zu glauben. Wie Recht sie haben: Die Hand und der Mann, dem sie gehörte, waren schon lange tot, ehe Meister Petz das Aas hinunterschlang. Der Tote ist in schlimmer Gesellschaft. Seine Mutter wurde vor Jahrzehnten erwürgt – und sie ist nicht die einzige in der Familie, die vor der Zeit ihr Leben ließ. Zuletzt landete eine Heugabel im Bauch einer Anverwandten . . .

Bären, Hände und Hunde

Rasant erzählt, im gut balanciertem Mix aus galligem Witz und einer durchaus empfindsamen Perspektive, legt Asa Larsson vielleicht nicht den stärksten Fall von Staatsanwältin Martinsson und Polizistin Mella vor. Aber sie schafft durch eine historische Erzählebene, die in die harte Bergwerk-Ära von Kiruna führt, schöne Rätsel-Koordinaten. „Denn die Gier wird euch verderben“ (Bertelsmann, 379 Seiten, 19,99 Euro) ist ein überdurchschnittlicher Krimi, stark bis in die Nebenfiguren. Nur auf den Kitsch rund um die Hunde der Beteiligten ließe sich wohl verzichten.

Denkmal für den Großmarkt

Dagegen ist die Freude darüber, dass Bella Blocks Schöpferin Doris Gercke unseren ruppigen Hamburger Liebling wieder die menschliche Tragödie im Gemetzel wittern lässt, leicht getrübt. Fans wissen: Das Ideal, das uns TV-Jahr für Jahr untrennbar mit der warmherzigen Schnoddrigkeit Hannelore Hogers verbunden ist, geht schon lange nicht mehr allein auf Gerckes Konto. Ein Autorenteam schreibt die Fernseh-Drehbücher. Ihr Copyright auf die Frau, die Glück im Detektivspiel und zuletzt viel Pech in der Liebe hatte, lebt nun literarisch „Zwischen Tag und Nacht“ (Hoffmann und Campe, 303 Seiten, 19,99 Euro) auf.

Wahre Liebe wartet: Es dauert über 100 Seiten, ehe Bella ernsthaft auf den Plan tritt. Überhaupt scheint Gercke keine menschliche Hauptfigur zu interessieren – es wirkt, als wolle sie vor allem dem Hamburger Großneumarkt ein Denkmal setzen. Wie die herzigen Kiez-Typen von aalglatten Spekulanten weggedrückt werden, wie aus einer Kulisse sehr menschlichen Lebens und Lebenlassens eine granitharte Konkursmasse wird, das ist das große Thema. Der Wahl-Hamburgerin Gercke ist es spürbar Herzensangelegenheit. Ihr schlichter Stil, der in besten Momenten an Siegfried Lenz’ Kunst des Beiläufigen erinnert, behauptet sich. Von Spannung ist er trotz hübscher Ideen (eine greise Kommunistin gewinnt im Lotto) weit entfernt.