Frankfurt/M. Einfach nur knuddeln möchte Til Schweiger den Keinohrhasen und das Zweiohrküken. Auf der Buchmesse in Frankfurt hat Schweiger gemeinsam mit Illustrator Klaus Baumgart ("Lauras Stern") das Buch zum Film vorgestellt.
„Süüüß!” Und noch einmal: „Süüüß!” Kreischende Teenager schubsen gebeugte Buchfreunde mit Strickweste, ein Geschiebe, Gedränge ist das um einen Kreis aus Sicherheitsleuten – im Innern: ein Autor, der neu ist im Geschäft und auf der Frankfurter Buchmesse.
Hauptberuflich arbeitet Til Schweiger ja als Filmstar. Dass er nun den ganzen Rummel mitbringt in die Welt der Literatur, würde man ihm gerne furchtbar übel nehmen. Wenn sein Kinderbuch „Keinohrhasen und Zweiohrküken” nicht so Zucker wäre, dass man „süß” rufen möchte.
„Es gibt Hasen, die haben dicke, dünne, lange, kurze, eckige, runde oder geknickte Ohren”, so beginnt die wundersame Geschichte um den einen, der – keine Ohren hat. Deswegen will niemand sein Freund sein. Bekannt ist die Figur aus Schweigers Film „Keinohrhasen”. Verantwortlich für die gestalterische und literarische Umsetzung zeichnet Klaus Baumgart, Kennern der Szene vertraut durch den Klassiker „Lauras Stern”.
Zweidimensional kongenial umgesetzt
Sie stoßen an, der Klaus und der Til: mit einem Sekt in einem Hinterzimmer. „Ich fand, dass der Keinohrhase so ein starkes Wesen ist, dass er eine eigene Geschichte verdient hat”, erzählt Schweiger mit seiner typischen Quetschkommodenstimme. Baumgart habe die Idee „zweidimensional kongenial umgesetzt”: „Die Figur war ja vorgegeben, aber man kann sie trotzdem nicht einfach mal so zeichnen. Das sieht so einfach aus, ist es aber nicht. Wir haben schon an der Puppe sehr lange gebastelt, bis sie endlich dieses armselige Wesen wurde, was man einfach nur knuddeln möchte. Und das Wesen hier im Buch, das hat das auch.”
Baumgart gib, wie es sich gehört, das Lob zurück: „Diese Figur hat mir sehr schnell ihre Geschichte erzählt, schneller noch als manche meiner eigenen Figuren. Man spürt sofort – ist das nur eine Puppe oder ist das wirklich ein Charakter.” Potenzial für „eine eigene Welt” sieht der Kinderbuchautor gar.
Tatsächlich trifft der Keinohrhase im Buch jemanden, der so ist wie er: anders. Das „Zweiohrküken” sieht so aus, wie der Name schon sagt, es wird vom Keinohrhasen im wahrsten Sinne ausgebrütet: Eines Tages findet der Hase ein Ei vor seiner Haustür. Er hätschelt es: guckt Krimis mit dem Ei, liest ihm aus seinem Lieblingsbuch vor, strickt ihm eine Wollmütze. Und irgendwann – zerbricht es. Die Geburt einer langen Freundschaft.
In der wirklichen Welt, so fern man den Film eine wirkliche Welt nennen kann, ist Til Schweiger des Federviehs geistiger Vater. Denn: „Das Zweiohrküken wurde wieder erfunden von Ludo Decker, den ich spiele, in einer ähnlichen Szene wie im ersten Film: in der Bastelstunde. Es kann fliegen – es braucht natürlich eine gewissen Windstärke, sonst kann es nicht abheben. Es war aber schon in der Türkei und in der Antarktis und in der Lüneburger Heide und sogar schon hinterm Mond.”
Schweiger war nie ein Punker oder Popper
Eine klassische Außenseiter-Steh-Auf-Geschichte ist dieses Büchlein. Aber weiß ein Star namens Schweiger, wie Außenseiter fühlen? „Als Außenseiter habe ich mich eigentlich nicht gefühlt, ich habe mich immer nur als Individualist gefühlt. Ich war nie ein Punker, ein Popper, ich musste mich nie definieren über die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, sondern habe immer mein Ding gemacht. Aber ich kann mir vorstellen, wie ein Außenseiter sich fühlt.”
Vielleicht halfen bei der Vorstellung jene Tage, als alle Welt über einen Film schimpfte, der in manchen Szenen zu freizügig sei für Sechsjährige? Dies war ja die Diskussion um die FSK-Freigabe für den „Keinohrhasen”.
Til Schweiger verdreht die Augen, die Quetschkommode tönt etwas dunkler. „Ich war damals sehr genervt, auch wenn es im Nachhinein dem Film nicht geschadet hat. Der Film ist durch und durch warmherzig und liebevoll und wurde da in eine ganz komische Ecke gestellt.” Seine Kinder habe der Film nicht irritiert: „Meine sechsjährige Tochter hat ihn gesehen und sich damit überhaupt nicht auseinander gesetzt – sie war bezaubert von den Kindergartenszenen.”
Am Sonntag wird Schweiger sein Autorendebüt den vier Kindern mitbringen. Wenn sie „süüüüß” rufen, weiß er: Sie werden wohl das Buch meinen.