Essen. Die lustigen Tagebucheinträge von Jeff Kinney begeistern Jugendliche weltweit. Die ersten sechs Bände haben sich bereits 80 Millionen Mal verkauft. Jetzt erscheint der siebte Band der Reihe. “Dumm gelaufen“ kommt mit einer Startauflage von 600.000 Exemplaren in die Buchläden.
Wer keine Kinder hat, kennt ihn eher nicht. Und wer welche hat oder noch ein Kind ist, erkennt ihn wahrscheinlich nicht sofort. Denn „unauffällig“ ist das Wort, das Jeff Kinney am besten beschreibt. Jeans, kariertes Hemd, Sneakers an den Füßen steht er da. Ein ruhiger, freundlicher Mensch, der lieber leise lächelt als dröhnend lacht. Wenn er nicht gerade Tagebuch schreibt. Gregs Tagebuch. Heute erscheint Band 7 der derzeit weltweit erfolgreichsten Buchreihe: „Dumm gelaufen“ kommt mit einer Startauflage von unglaublichen 600.000 Exemplaren in die Buchläden.
„Alle Verlage haben abgesagt“
Denn auch deutsche Jungen zwischen neun und 14 Jahren lieben den nahezu glatzköpfigen Titelhelden aus den USA und verschlingen die mit Comics aufgelockerten Bücher. Wie ihre Altersgenossen rund um den Globus. Rund 80 Millionen Mal haben sich die ersten sechs verkauft. „Es ist erstaunlich“, sagt Kinney. „Aber Greg funktioniert offenbar bei Jugendlichen in fast jeder Kultur.“
Dabei wollte Kinney ja eigentlich Comics für Erwachsene zeichnen. „Ich dachte, ich wäre dafür geboren“. Nur: „Alle anderen dachten das leider nicht.“ Mitte 20 ist er, da setzt er sich hin, schreibt sein eigenes Tagebuch und versieht es mit kleinen Zeichnungen. Die Grundidee zu Greg ist geboren.
Branche rätselt über den Erfolg
Aber jahrelang will niemand Geburtshelfer werde. „Alle Verlage haben abgesagt.“ Kinney stellt die ersten Greg-Abenteuer ins Internet. Dort lesen sie bis zu 70 000 Menschen. Täglich, wohlgemerkt. Nun reißen sich die Verlage um das bananenförmig gebogene Strichmännchen. Kurz darauf ist Gregs erstes Tagebuch Nummer eins der Bestseller-Listen. Ein Platz, den seitdem jedes Werk aus Kinneys Feder erreicht hat.
In der Branche rätseln sie über das Geheimnis dieses Erfolgs. Der Vater von zwei Kindern zuckt die Schultern, wenn man ihn danach fragt. „Wahrscheinlich kommt Greg sehr authentisch rüber.“ Kein strahlender Held, sondern eine Mischung aus Charly Brown und Bart Simpson. Kein Vorbild für Jungs des 21. Jahrhunderts, aber oft ein Abbild. Mit den gleichen Sorgen und Problemen, aber ohne eine Lösung dafür zu haben. Genau deshalb fallen die Geschichten stets unterhaltsam aus, manchmal sogar brüllend komisch.
Gags entstehen mit der Decke über dem Kopf
Der Witz ist das Ergebnis harter Arbeit. „Für ein Buch brauche ich etwa 350 Gags“, weiß Kinney. Um sich die auszudenken, legt er sich gerne aufs Sofa und zieht sich eine Decke über den Kopf. Das ist nicht ohne Gefahr, denn: „Oft schlafe ich dabei ein.“ Gregs Erlebnisse sind nicht exakt aus dem eigenen Leben abgeschaut, „tragen aber die DNA meiner Familie. Manches ist mir als Kind so ähnlich passiert. Ich spitze die Dinge nur zu.“
Steht die Geschichte, bringt Kinney sie zu Papier, zeichnet „über Wochen hinweg 15, 16, 17 Stunden pro Tag.“ Mehr als ein Buch pro Jahr geht da nicht. „Sonst habe ich gar keine Zeit mehr für meine Frau und meine Söhne.“ Sieben Bücher hatte er anfangs geplant. Nun schätzt er, dass seine Ideen mindestens für zehn Folgen reichen.“ Und dann? „Denke ich mir einen neuen Charakter aus.“ Klein oder groß? Dick oder dünn? Junge oder Mädchen? „Weiß ich nicht“, sagt Kinney. Eines aber weiß er genau: „Ich werde immer nur Kinderbücher schreiben, egal wie alt ich werde.“
Ehrung für Autor
Belächelt wird er dafür längst nicht mehr. Im Gegenteil. Das Time-Magazine hat ihn vor einiger Zeit auf eine Liste mit den 100 Menschen gewählt, „die unsere Welt am meisten beeinflussen”. Das ehrt Kinney, ist aber nach eigener Einschätzung völlig übertrieben. „Ich bin ja“, scherzt er, „nicht mal die einflussreichste Person in meinem eigenen Haushalt.”