Herne. . Von Schrumpfköpfen und Voodoo bis zum Protoypen des westfälischen Dickkopfs – die Ausstellung “Schädelkult“ im Herner Archäologiemuseum widmet sich dem menschlichen Kopf und wie verschiedene Kulturen ihn über die Jahrhunderte hinweg wahrnahmen. Die Schau läuft vom 17.11.2012 bis zum 14.04.2013.

Einmal im Jahr kommen die Toten aus Santa Fé de la Laguna nach Hause zurück, immer Anfang November. Da schmücken die Leute doch lieber die Häuser mit Kerzen und Blumen, sie kochen leckeren Maisbrei und kaufen Totenschädel aus Zucker; denn Zucker und Maisbrei mag hier ja eigentlich jeder, die Toten also auch, und man möchte sie nur ungern verärgern – übellaunige Geister sind ja fähig zu sonst was.

Jetzt, zwei Wochen später, kann man jedenfalls sagen, dass Santa Fé de la Laguna noch steht. Und dass dieser spezielle Brauch zwar in Mexiko spielt, Kulte mit Totenschädeln aber „zu allen Zeiten und auf allen Kontinenten üblich waren“, so der Fachmann Wilfried Rosendahl. Überall gelte der Kopf als Sitz der Seele und der Sinne; bei den Kulten gebe es „zwei immer wiederkehrende Grundmuster“: als Ahnenverehrung wie in Santa Fé, oder als Siegestrophäe mit der populären Untergruppe Schrumpfköpfe.

"Schädelkult" präsentiert in Herne schaurige und hübsche Geschichten

Einen guten Überblick gibt die Ausstellung "Schädelkult" im Museum für Archäologie in Herne noch bis zum 14. April 2013. Leicht schummrig, leicht schaurig, aber voller hübscher Geschichten, wenn man der Vergänglichkeit entschlossen in die leeren Augenhöhlen starrt. Wie der von den Schrumpf-Faultieren: Jene Indianer in den Anden, die die Schrumpfköpfe der Feinde kultivierten im Dienst der eigenen Fruchtbarkeit, die glaubten auch, dass Faultiere verzauberte Menschen seien. Und bezogen sie mit ein in den Kult. Liebling, ich habe die Faultiere geschrumpft.

"Schädelkult" im LWL-Museum für Archäologie in Herne

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    300 Ausstellungsstücke haben sie so zusammengetragen, die Schau war bereits in Mannheim zu sehen und beruht auf einer opulenten Totenschädel-Sammlung aus dem 19. Jahrhundert, die im 2. Weltkrieg irgendwie verkramt wurde und 2008 wieder auftauchte. Ach, 19. Jahrhundert: Man typisierte Schädel und glaubte, daraus auf Eigenschaften schließen zu können: „Sensibler“, „Denker“, „Missvergnügter“ – letzteres aus gut nachvollziehbaren Gründen.

    Ausstellung zeigt auch den Prototyp des westfälischen Dickkopfs

    Da sind Schädel aus Afrika, über die die Gläubigen des Vodun – eines frühen Voodoo – ihre Götter kontaktierten. Oder jenes Palmwein-Gefäß, an dem zahlreiche Unterkiefer getöteter Feinde hängen: Schau mir in die Augen, Leiche. Schädel aus österreichischen Beinhäusern, tibetische Trommeln aus Schädelschalen. Zwei Schädel aus Westfalen, darunter einer aus der Steinzeit, an dem eine ganz frühe Chirurgie ausprobiert wurde. Der Mann soll nach der OP noch längere Zeit gelebt haben, was auf den typischen Fall eines westfälischen Dickkopfs hinweisen würde.

    Und dann muss man noch kurz die Geschichte von den Kristallschädeln erzählen. Sie sind angeblich von den Maya auf uns gekommen und stehen in Zusammenhang mit dem nächsten oder übernächsten Weltuntergang. Inzwischen aber weiß man: Sie stammen gar nicht aus dem Mexiko des 15. Jahrhunderts, sondern aus dem Idar-Oberstein des 19. Ein Pariser Antikenhändler ließ sie dort fertigen und drückte sie als Maya-Objekte auf den Markt. Was beweist: Mit Esoterik ließ sich schon vor 200 Jahren Mist zu Gold machen.