Recklinghausen. . Alexander Puschkin hat bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen das Wort. Seine berühmte Novelle „Eugen Onegin“ ist dort derzeit zu sehen. Als Ballett mit reichlich russischer Seele und virtuosem Ausdruckstanz. Stürmische Ovationen nach der Premiere im Großen Festspielhaus.

In Recklinghausen hat nun Alexander Puschkin das Wort, bei den Ruhrfestspielen ist seine berühmte Novelle „Eugen Onegin“ zu erleben – als packendes Psychoballett mit reichlich russischer Seele und virtuosem Ausdruckstanz, aber im Gewand der heutigen Party-Jugend von St. Petersburg. Choreograph Boris Eifman ist den Tanzfans an Rhein und Ruhr ein Begriff: Vor zehn Jahren feierte sein Literaturballett „Brüder Karamasow“ im Aalto-Opernhaus einen Triumph. Mit stürmischen Ovationen gefeiert wurde Eifman, der in seiner Heimat als Pionier des modernen Tanztheaters gilt, jetzt auch nach der Premiere im Großen Festspielhaus.

Verlegt in die Zeit nach 1991

Genauso wie seine Kompanie und vier brillante Solisten: allen voran Maria Abashova, die mit fließender Ballerinen-Ästhetik die mädchenhaft schüchterne, dann aber erotisch aufgeladene Tatjana spielt. Und Oleg Gabyshev, der dem Onegin elegante, dann wieder seelisch zerklüftete Züge verleiht. Gaby­shev ist eine eigenwillige Mischung aus extrem athletischem Ausdruckstänzer und klassischem Danseur Noble und wird zu Recht international als Star gehandelt.

Zum Festspiel-Motto „Im Osten was Neues“ passt Eifmans Inszenierung gut. Er verlegt die Sinnkrise und Tragödie des überdrüssigen Lebemanns Onegin, der mit Frauen und Freunden spielt und am Ende ins Messer rennt, in die Zeit nach 1991. Filmausschnitte von Straßenkämpfen in Moskau mit einem siegessicher strahlenden Boris Jelzin und eine Newa-Brücke in St. Petersburg dienen als Rahmen für eine Großstadt-Gesellschaftsstudie unserer Tage.

Wuchtige Bewegungssprache

Eifman, dessen wuchtige Bewegungs-Sprache bis nach New York bejubelt wird, verknappt die Puschkin-Novelle auf rasant getanzte 90 Minuten. Ohne Zarenplüsch und Kommunismusplunder, aber mit wild aufgepeitschten Emotionen und in surrealen Alptraum-Bildern (bei glitzerndem Vollmond) ringen Tatjana und Onegin vergeblich um Liebe. Onegins Freund Lenski und Tatjanas Schwester Olga indes beschwören reine Gefühle in originell verknoteten Pas-de-deux.

Wie in all seinen Stücken, so mischt Eifman auch hier unter eine Auswahl von Tschaikowski-Ohrwürmern (erstes Klavierkonzert und Fragmente der Onegin-Oper) russischen Soft-Rock und Pop. In diesen Nummern glänzt die Kompanie. Coole Party-Girls und schmierige Salonlöwen in schnellen Rotlicht-Abenteuern. Eine Gegenwelt zu den Helden, die an echten Gefühlen zugrunde gehen.

Am Donnerstag letzte Vorstellung. Karten: 0 23 61/ 92 18-0