Dortmund. . Fünf Jahre mussten Ärzte-Fans auf ein neues Album der „besten Band der Welt“ warten. Jetzt ist „Auch“ mit 16 neuen Songs erschienen. DerWesten verrät, ob sich das Warten gelohnt hat.

Wenn Begriffe wie „Brusthaar-Toupet“, „Miststück“ und „Arschgeweih“ aus den Boxen schallen, kann es sich eigentlich nur um Songs der selbsternannten besten Band der Welt handeln – Die Ärzte sind wieder da. Ihr neuestes Werk heißt schlicht „Auch“. 16 höchst unterschiedliche Songs haben Bela B., Farin Urlaub und Rodrigo Gonzales zusammengestellt und liebevoll verpackt, um Raubkopierern das Handwerk zu legen. Wie schon der Vorgänger „Jazz ist anders“ kommt „Auch“ in einer aufwändigen Verpackung.

Die CD-Box ist wie die Verpackung eines Spiels gestaltet, das Booklet ist ein faltbarer Spielplan, die CD fungiert auch als Glücksrad und Spielfiguren sind drei Kronkorken. Das Spiel selbst indes ist eher etwas für Teenie-Parties, sind doch Aufgaben wie „Trink das älteste Getränk aus deinem Kühlschrank auf ex“ oder „Bepöbele einen überflüssigen Freund aus dem Telefonbuch deines Handys per SMS und lösche ihn danach“. Das ist als CD-Booklet originell, als Spiel nicht so ganz, denn diese Aufgaben haben wir doch irgendwie alle schon so oder ähnlich spätestens 1988 erfolgreich bewältigt.

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Das Spiel steht somit etwas sinnbildlich für die 16 Songs: Es ist nett, es ist lustig, aber es haut niemanden vom Stuhl. Und darauf haben Ärzte-Fans fünf Jahre lang gewartet... Das ist umso ärgerlicher, weil Die Ärzte erst im Dezember 2011 bei ihren XX- und XY-Konzerten, bewiesen haben, was für eine große Band sie sind. Musikalisch kann ihnen niemand etwas vormachen. Farin Urlaub ist ein begnadeter Gitarrist und Texter und zeigt das auch auf dem neuen Album. Überhaupt spielt das Trio seine ganze Vielseitigkeit aus und die im gleichnamigen Song gestellte Frage „Ist das noch Punkrock“ muss tatsächlich gestellt werden. Glücklicherweise liefert Farin Urlaub die Antwort gleich mit: „Ich glaube nicht“.

Schon immer viel zu gut, um einfach nur Punkrock zu machen

Doch ist das neu? Nein. Die Ärzte waren schon immer viel zu gut, um einfach nur Punkrock zu machen. Zu virtuos, zu lustig, zu tiefgründig, musikalisch viel zu vielseitig. Zum Glück. Denn langweilig ist „Auch“ nicht. Allein im Song „TCR“ zeigen Die Ärzte, was sie alles können.

Textlich behandeln die Songs die üblichen Themen: den Zeitgeist, Beziehungen, Musik, Nonsense – und nicht zuletzt sich selbst. Wobei speziell letzteres bei „zeiDverschwÄndung“, der ersten Single-Auskopplung, der Fall ist. Dass gerade dieser Song ausgekoppelt wurde, spricht Bände über das Album. Er ist textlich flach, musikalisch langweilig und bildet den Tiefpunkt des Albums.

Der Rest ist Jammern auf hohem Niveau. „Auch“ ist kein schlechtes Album. Vielleicht sind die Ansprüche an Die Ärzte einfach nur unerfüllbar hoch. Vielleicht ist es ein Fehler, von der Band ein irgendwie erwachseneres Album zu erwarten, weil dieser seltsame Schwebezustand zwischen Jugendlichkeit und hintergründiger Ernsthaftigkeit doch das ist, was Die Ärzte eigentlich ausmacht. Denn handwerklich und textlich ist der Band nichts vorzuwerfen. Die Reime sitzen, die Riffs und Beats sowieso. So gerät „Auch“ zwar zu einem guten Album, aber eben nicht zu einem überdurchschnittlichen.