Bochum. Die Autorin erzählt über ihr drittes Buch “Anekdoten treiben Blüten“, woher sie ihre Inspiration nimmt und was ihr beim Dichten am meisten Spaß bereitet. Von Liebe über Reisen bis hin zum Tod - Heike Wiezorek wählt ihre Themen nach Gefühl aus. Momentan ist sie frisch verliebt...
Sie verarbeiten oft aktuelle Themen in ihren Gedichten. Haben Sie schon eins über den Rücktritt von Herrn Wulff geschrieben?
Nein, im Grunde genommen tut er mir Leid. Ich war mit der Wahl nicht einverstanden, weil es ihm noch an genügend Weisheit fehlt. Jettzt hoffe ich aber, dass die Diskussion um ihn ruhiger wird.
Was ist dann Ihr aktuellstes Gedicht?
(lacht) Das ist eine längere Geschichte. Bedingt durch meine neue Lebenssituation – ich habe nämlich einen neuen Freund – sind meine letzten Gedichte fast alle über Liebe und Sehnsucht. Das allerletzte heißt „Für Dich…“ und ich habe es am Montag schon im Forum von DerWesten veröffentlicht.
Sie haben das Forum erwähnt. Wann genau haben Sie sich angemeldet?
2006 habe ich mein erstes Buch herausgebracht mit allen Gedichten, die sich bis dahin so angesammelt haben. Und Ende des Jahres habe ich mich als Aprilscherz angemeldet. Ich fand das Prinzip von Anfang an unheimlich gut.
Wieso haben Sie den Name Aprilscherz gewählt?
Es war ein langes Suchen, als ich mir einen Nick überlegt habe. Die meisten spaßigen Namen waren schon weg, aber dann ist mir „Aprilscherz“ eingefallen. Damit erzähle ich was, baue einen Spannungsbogen auf und am Ende passiert etwas ganz anderes als erwartet. Das ist das Scherzhafte an dem Namen und an meinen Gedichten.
Dichten macht Ihnen also viel Spaß. Wieso haben Sie Ihre Leidenschaft für die Lyrik so spät entdeckt?
Angefangen zu schreiben habe ich schon in den 60er Jahren. Da war es allerdings noch zu holprig und mein Mann hat mir damals davon abgeraten. Bis zu einem Rheumaschub vor ein paar Jahren hab ich lange getöpfert. Danach kam das Dichten wieder hoch und ließ sich nicht mehr unterdrücken (lacht).
Wie genau kam es wieder hoch?
Ich habe einfach gemerkt: ‚Ich kann dichten’. Ich habe so viel Lebenserfahrung gespeichert, die ich in meinen Gedichten verwandeln kann.
2004 habe ich mein künstlerisches Gedicht über Vincent van Gogh bei einem Wettbewerb des Literaturbüro NRW eingereicht. Leider wurde es nicht veröffentlicht, da es zu lang war. Ich durfte aufgrund der Fürsprache von Herrn Dr. Herberholz ein anderes Gedicht, nämlich „Vergangen“ veröffentlichen.
Kunst ist also eins Ihrer vielen Themen. Worüber schreiben Sie am liebsten?
Also Tiergedichte machen mir unheimlich Spaß, weil sie mit Fabeln zusammenhängen. Da kann man so richtig auf die Kacke hauen.
Wie meinen?
Das Besondere an Fabeln ist, dass man von den Menschen ablenken kann. Man steht so über den Dingen und kann mit einem größeren Abstand herumspaßen. Ironie heißt eins meiner Werkzeuge.
Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Hobby?
Das Schönste ist es für mich, eine Lesung zusammenzustellen. Dabei kann ich die Gedichte zum Leben erwecken, indem ich für jedes Gedicht ein spezielles Bild auswähle. Dann erstelle ich eine Power Point Show und blende vor jedem Gedicht das passende Bild ein. Ich will ja nicht, dass mir die Zuschauer einschlafen.
Wollen Sie denn noch ein Buch schreiben? Und haben Sie überhaupt noch genug Themen?
Ja, ich denke schon. Bis jetzt habe ich 30 neue Gedichte geschrieben und durch meine vielen Reisen in der nächsten Zeit und meine neue Liebe bekomme ich sicherlich genug Inspiration.
Woher nehmen Sie neben dem Forum Ihre Inspirationen?
Ich bin in einer Kunstgruppe, mit der ich jeden Freitag ein Museum in NRW besuche. So hat mich zum Beispiel ein Bild von James Ensor unheimlich fasziniert. Das Bild „handelt“ vom Tod. Meine Mutter und mein Mann sind vor ein paar Jahren verstorben. Das hat mir gezeigt, dass das Leben auch den Tod beinhaltet. Das verliert man in unserer heutigen Spaßgesellschaft manchmal aus den Augen.
Sind Sie denn ein typischer Schreiber und haben immer einen Block dabei, für spontane Einfälle?
Nein, so bin ich nicht. Ich gehe lieber in den geologischen Garten und lasse einfach meine Gedanken schweifen. Erstmal muss ich wissen, wohin es mich treibt. Ich schreibe ja sowieso den Schluss zuerst.
Das ist ungewöhnlich. Wieso der Schluss zuerst?
Ich lasse das Gedicht gerne kippen. Wenn ich einen ungewöhnlichen Schluss habe, kommt mir eine Idee, wie ich anfangen kann. Bei meinem neusten Gedicht „Für Dich…“ beispielsweise hatte ich zuerst ein langweiliges Ende. Das hat mich drei Tage lang beschäftigt. Wenn ich den Ausgang zuerst habe bekomme ich eine peppige Idee und kann dann den Spannungsbogen aufbauen.
In manchen Gedichten steht Bochum im Vordergrund. Was bedeutet Ihnen Ihre Heimatstadt?
Ich bin in Bochum groß geworden und schreibe sehr gerne darüber. Gerade durch mein Kunstinteresse hat mich der Bau des „Terminals“ beschäftigt. Die ganze Stadt hat nicht verstanden, dass es ausgerechnet während der Wirtschaftskrise gekauft wurde. Doch das Geld durfte nur für kulturelle Zwecke verwendet werden und ich persönlich finde das Denkmal einfach prima gebaut. Es ist ein Synonym für unsere Stadt, denn wir haben keine Industrie mehr so wie früher. Hier war Stahl und Eisen und Bergbau. Das Terminal erinnert uns an die Wurzeln des Ruhrgebiets.
Mir ist aufgefallen, dass Sie gerne Gedichte über Personen der Öffentlichkeit schreiben. In ihrem Gedicht über den Prozess von Herrn Kachelmann beispielsweise hört man Kritik gegenüber dem medialen Umgang mit dem Fall. Absicht?
Ja. Herr Kachelmann hatte ein schwebendes Verfahren, doch im Grunde genommen wurde er schon vor der Verhandlung von vielen Bürgern verurteilt. In den Medien ausgeschlachtet. In dem Gedicht will ich andeuten, man soll in solchen Dingen mehr Rückhaltung äußern und nicht sofort der Mehrheit zustimmen.