Essen. Der amerikanische Schriftsteller John Irving feiert heute seinen 70. Geburtstag. In einem Dokumentarfilm, der in dieser Woche in die Kinos kommt, verrät der große Kämpfer unter den amerikanischen Autoren viel Persönliches.

. Er ringt – mit sich, mit Sätzen. Mit seiner Angst. „Ich schreibe über Dinge, vor denen ich mich fürchte“, so hat es der große Kämpfer unter den amerikanischen Autoren einmal im Gespräch beschrieben. Und wenn John Irving am Freitag, den 2. März, seinen 70. Geburtstag feiert, dann bleibt ein Teil von ihm doch ein erschreckter Junge. Den wir uns vielleicht so vorstellen dürfen wie den kleinen Danny aus „Letzte Nacht in Twisted River“. Wie er sich aus verstörenden Szenen herauszieht, wegdenkt, sei ja „ein frühes Beispiel dafür, dass er wie ein Schriftsteller denkt: Ich möchte das nur beobachten. Lasst nicht zu, dass mir das passiert“.

Ich möchte das nur beobachten: Oft ist Irving vorgeworfen worden, seine Romane seien Varianten der immergleichen Aufarbeitung. All die vaterlosen Jungen (etwa in „Garp und wie er die Welt sah“), der schmerzliche Verlust eines Kindes (wie in „Witwe für ein Jahr“), und immer wieder das Ringen (zum Beispiel: „Eine Mittelgewichts-Ehe“) – so viel echtes Leben im fiktiven. Irving, geboren als John Wallace Blunt Junior, lernte seinen Vater ja nie kennen. Im Alter von sechs Jahren erhielt er mit Irving den Namen seines Adoptivvaters. Zwanzig Jahre lang lernte John als Ringkämpfer, dass Beharrlichkeit und Disziplin zum Erfolg führen. Eine Erkenntnis, die ihm später beim Schreiben nützlich sein sollte. Zwar musste er nie den Verlust eines Kindes erleiden, doch kam mit den Söhnen – er hat drei, aus zwei Ehen – auch die Angst in sein Leben.

Dokumentarfilm

All dies verrät Irving auch in einem schönen Dokumentarfilm, der in dieser Woche in die Kinos kommt: „John Irving und wie er die Welt sieht“. Der Film bietet intime Einsichten: Irving seilchenspringend auf der Turnmatte, in seinem „Schreibschuppen“ auf einer kanadischen Insel, beim Pizzabacken – und stets in T-Shirt und Jogginghose. Der Film zeigt aber auch, dass Irving ein Netz von Informanten nutzt: Mit einem Tätowierer und einem Polizisten aus dem Amsterdamer Rotlichtmilieu lernen wir Menschen kennen, die Romanfiguren wurden. Der Tätowierer stach ihm einen Kreis mit zwei Strichen in den Unterarm: eine Ringermatte.

Ein Sinnbild! Die Romanentwürfe verfasst Irving von Hand, ringt mit jedem Wort. Doch immer gebe es acht bis zwölf Sätze je Roman, die „Ärger machen“. Und so ist für Irving dies der Kern des Schreibens: „It’s slow – es dauert.“

Im Mai aber erscheint in den USA ein neuer Irving: „In One Person“ erzählt von einem bisexuellen Mann und der Aids-Angst der 80er Jahre.